Das Hauptmotiv dieser Episode zeigt ein Foto, das ich vom Jashari-Anwesen in Donji Prekaz gemacht hab.
Der Untergang Jugoslawiens hatte einen sehr wesentlichen Anlaß in problematischen Kräftespiele im Kosovo Polje/Fushë Kosova. Das gewalttätige Aufeinanderprallen von serbischen und albanischen Leuten war dort von einer konfliktreichen Vorgeschichte geprägt, die allenfalls auch übersehen läßt, daß Europa seine wirtschaftlichen Nord-Südgefälle bis heute nicht aufgelöst hat.
Agrarisch geprägte Regionen konnten aus sich heraus keinesfalls jenen Wohlstand erwirtschaften, wie das spätestens im 19. Jahrhundert in industrialisierten Gebieten gelang. Dazu kamen mindestens Ende des 19. Jahrhunderts zunehmenden ethnische Diskurse und Konflikte, wo sich die Umbrüche zu modernen Nationalstaaten ereigneten.
Die Jashari-Familie steht exemplarisch für einen ethnisch albanischen Rebellen-Clan, welcher in der Konfrontation mit serbischen Kräften fast völlig ausgelöscht wurde. Meine drei Zusatzmotive in dieser Episode zeigen (Bilder zum Vergrößern anklicken!):
+) Eine Statue, die Clan-Chef Adem Jashari gewidmet ist
+) Der Jugend- und Sportpalast in Prishtina mit einem Foto, das Adem Jashari zeigt
+) Ein Blick auf die Stadt Prizren, wo 1878 die „Liga von Prizren“ gegründet wurde
Das sind Motive, die ich von meinen Balkan-Fahrten mitgebracht hab, auf denen ich übrigens auch Gespräche mit Menschen geführt hab, die im Krieg gekämpft hatten sowie mit Menschen die damals vor bewaffneten Einheiten geflohen sind, aber auch mit Menschen, die Foltercamps überlebt haben.
Gleisdorf aktuell
Ich habe mich nun diesen Themen und Motiven gewidmet, weil Gleisdorf aktuell schon länger eine unruhige Zeit erlebt, in der politische und kulturelle Akzente von Motiven wie „Widerstandsbewegung“ und „Rebellentum“ handeln, was ich für obszön halte, wenn man bedenkt, was diese Begriffe eigentlich bezeichnen.
Das bedeutet aus meiner Sicht: Wohlstandskinder, die – wie wir alle – einigen Komfort eingebüßt haben und einige Belastungen hinnehmen mußten, gefallen sich teilweise in solchen Posen und kapern derlei Begriffe, produzieren sich auf diese Art.
Statt sich aufzuraffen und am Gemeinwesen für Verbesserungen zu sorgen, wo man Defizite befindet, etwas dazu beizutragen, höre ich dieses Geschrei und lese Messages von Leuten, die sich allen Ernstes für „Rebellen“ halten.
Also habe ich in der jüngeren Geschichte nachgeschlagen, was das konkret bedeutet, Rebell, Widerstandskämpfer, um deutlich zu machen, daß hier in der Oststeiermark Begriffe völlig beliebig und rein emotional besetzt wurden. Wenn wir aber unsere Begriffe korrumpieren, dann wissen wir nicht, worüber wir reden. Und auf die Art kann man keine Probleme lösen.
Kurioses Detail
Heute ist der 30. Mai. Während ich diese Zeilen schreibe, hat die Erinnerungsmaschine von Facebook eines meiner Postings vom 30. Mai 2011 aus dem Stapel gezogen. Es handelt von einem steirischen Rebellen, der etwas verkörpert hat, was in unserem Land eher selten vorkommt. Das Widerständische, wie es sich unter Einsatz der eigenen Existenz jenen Kräften entgegenstellt, die eine Gesellschaft beschädigen, um den Lauf der Dinge zu ändern. (Von solcher Konsequenz kann im Raum Gleisdorf ja keine Rede sein.)
Es ist jenes Gedicht, das Bert Brecht dem Sozialdemokraten Koloman Wallisch gewidmet hat, den das Dollfuß-Regime 1934 hinrichten ließ. Es ist schließlich nicht so, daß wir in diesen Fragen ohne Referenzpunkte wären.)
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