Wer kämpft und wer flüchtet? Wir von Frieden und Wohlstand verwöhnten Leute urteilen da unter Umständen sehr herablassend.
Ich habe diese Motive ausgewählt und kombiniert, um einen Zusammenhang deutlich zu machen. Die Bilder stammen beide aus dem Kosovo. Das eine zeigt Ihnen die zerschossene Ruine des Clans von Adem Jashari. Das waren Rebellen, die getötet wurden.
Das andere zeigt Ihnen ein kleines Gemälde von Naim Spahiu, für den Fahrräder im Krieg bedeutet haben, daß er der tödlichen Wirkung von Waffen besser entkommen konnte als zu Fuß.
Wer diese beiden Positionen gegeneinander ausspielt, ist ein Dummkopf, denn wie das Beispiel zeigt, sterben Rebellen. Eine Gemeinschaft braucht aber Überlebende, die Wunden und Traumata überwinden. Sonst erlischt die Gemeinschaft.
Was wäre daran schwer zu verstehen? Es sind zwei Positionen der gleichen Geschichte. Darin den toten Helden dem Überlebenden vorzuziehen, ist zynisch; vor allem, wenn man zu den Überlebenden zählt oder zu jenen, die solche Risken nicht auf sich nehmen mußten.
In den letzten wenigstens zehn Jahren habe ich bei uns teilweise eine sehr arrogante Haltung gegenüber Kriegsflüchtlingen gesehen. Das verstehe ich im Zusammenhang mit alten Narrativen. Hier der Held, der sich in das Rad der Geschichte wirft und das mit seinem Leben bezahlt. Dort der Flüchtende, den wir mit Verachtung strafen. (Sie haben das ja vielleicht auch gehört: „Die sollen dort bleiben und kämpfen!“)
Wir haben in Europa eine lange Tradition, die Werke von Autoren im Sinne der Menschenverachtung zu interpretieren und daraus Ideologien zu basteln. Horaz schrieb in seinen Liedern: „Dulce et decorum est pro patria mori.“ Das mag als Literatur durchgehen, denn wir dürfen alles denken; ohne Einschränkungen. Aber als ideologischer Imperativ ist es entsetzlich: „Süß und ehrenvoll ist es, fürs Vaterland zu sterben.“
Ich muß Ihnen ja nicht erst erzählen, wer alles zum eigenen Vorteil in diesem Sinne argumentiert hat, ohne selbst in Schlachten zu ziehen, Leib und Leben einzusetzen. Ich habe mit Menschen mehrere Generationen gesprochen, die Schlachtfelderfahrungen haben. Seien Sie versichert, nichts daran ist süß. Man braucht sehr gute Gründe, um diesen Weg zu gehen.
Es ist eine Schande, diesen Teil der Conditio humana zu instrumentalisieren, zu nutzen, sich selbst aber fein herauszuhalten. Wo sich Menschen aufraffen, eine Gemeinschaft gegen Übergriffe mit Waffen zu verteidigen, hätte die Ideologie zu schweigen.