An Gleisdorf erscheint mit bemerkenswert, wie da agrarische Welt, urbanes Leben und Industrie verzahnt sind.
Wie Österreich vom Agrarstaat zum Industriestaat wurde, hängt in seinen Fundamenten also stark mit solchem Getreide zusammen. Das ergibt einen Strang in meiner Erzählung von der Mechanisierung der Welt, das hängt andrerseits intensiv mit meiner Matrix der Gewässer zusammen. Und für meinen speziellen Fokus auf das Thema Mühlen erklärt sich der Zusammenhang von selbst.
Bei meinen Umtrieben im Raum Gleisdorf fällt mir immer wieder auf, wie markant Ackerflächen und Wiesen zwischen Siedlungsanlagen zu finden sind. Das bedeutet gewiß, daß es eigentlich umgekehrt war. Der Wohnraum wurde auf ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Flächen gesetzt.
Erreicht man über der Stadt den sogenannten Jungberg, lassen sich einige Stellen finden, die das veranschaulichen. (Industrie ausgenommen, die natürlich im Tal bleibt.) Die Siedlungen wurden unter anderem dort hinaufgeschoben, wo derzeit – im Mai – Wintergerste steht. Dazwischen einige Stellen mit alten Obstbäumen.
Die Kulturgerste zählt zu den Süßgräsern und ist uralt. Ich lese, daß ihre Geschichte bis hinter das Neolithikum zurückreicht, als Menschen begonnen hatten, Gräser zu kreuzen, was zu Getreide führte.
Der Beginn des Ackerbaus, ein grundlegender Anlaß zur Seßhaftwerdung, wird in der Jungsteinzeit angenommen. Das liegt mehr als zehntausend Jahre zurück, in Mitteleuropa etwa 7.500 Jahre. Einige Quellen besagen, daß die Nutzung von Gerste in einer Zeit vor etwa 17.000 Jahren nachgewiesen werden könne.
Ein kurzer Blick ins Web, zur Gegenwart: steirische Wintergerste wird derzeit zum Beispiel für 240,- bis 280,- Euro pro Tonne angeboten. (Das macht einen vermutlich nicht gerade reich.) Laut Land Steiermark sieht das etwa so aus: „Auf den steirischen Äckern wird mehr Sommer- als Wintergerste angebaut. 50.647 t Sommergerste (Anbaufläche 13.615 ha) konnten die Landwirte 1999 ernten, der Ertrag aus der Wintergerste (4737 ha) betrug 20.558 t.“
Fußnote
Seit wie vielen Jahren höre ich nun, daß die landwirtschaftlich genutzten Flächen in Österreich etwa gleich blieben, die Betriebe aber weniger würden? Und das bedeutet, die Landwirtschaften werden größer.
Mitte Mai berichtete der ORF, es gebe nur noch rund zehntausend Bauernhöfe. Das ist demnach eine ziemlich radikale Entwicklung, in welcher der sogenannte primäre Sektor unsere Wirtschaft in Kategoriensprüngen kleiner geworden ist.
Es bleibt bei all dem unter anderem die Frage nach Ernährungssouveränität. Das möchte ich so zusammenfassen: gibt es für uns alle ausreichen preiswerte, also erschwingliche Nahrungsmittel von angemessener Qualität?
+) Extra (Querverweise)
+) Das Neudau-Projekt
+) Mühle