[Vorlauf] Selbstverständlich gibt es sehr respektable, auch recht liebenswürdige Gründe für das Verbreiten von Memes, Kalendersprüchen, Andachtsbildchen, von Sinnsprüchen aller Art. Das meine ich nicht zynisch!
Es waren meine wiederkehrenden Gänge über Friedhöfe, die mir etwas klar gemacht haben. Ich beobachte den Wandel der Dekors von Gräbern, was da an Zierrat neu auftaucht. Vieles davon würde in einer Debatte über Kunst und Kultur als Kitsch eingestuft werden.
Aber es geht um etwas völlig anderes. Wenn Menschen von tiefen Gefühlen erschüttert werden, suchen sie dafür eventuell einen passenden Ausdruck, möchten sich anderen Menschen darin mitteilen. Doch vielleicht haben sie keine Worte dafür. Vielleicht scheinen ihnen ihre Worte kein hinreichender Ausdruck für das Empfundene.
Also greifen sie auf Zitate zurück. Oder sie wählen besondere Gegenstände, die im Alltagsleben nicht vorkommen, machen sie zum Teil einer Inszenierung, um eine Emotion auszudrücken. Das sind kulturelle Codes. So können wir einander „lesen“, auch wenn man selbst keine adäquate Sprache in sich findet, um etwas bestimmtes auszudrücken.
Zu den beiden Bildern: Glauben Sie wirklich, Renaissancemensch Leonardo hat etwas derart Banales formuliert? Ich glaub das nicht. (Fake!) Robby Altwein signiert seinen Universums-Schwampf auch noch. Thanx for nothing!
Ganz anders Leute, die sich in einen öffentlichen Diskurs und in das öffentliche Leben drängen, weil sie da Raum beanspruchen und besetzten möchten; etwa als Ausdruck einer politischen Ambition. Es können stellenweise die gleichen Spruchweisheiten oder Bildchen sein. Durch die Intention entsteht der Unterschied.
+) Mein erstes Beispiel: Jemand möchte mit einer bestimmten Befindlichkeit im eigenen Gemeinwesen wahrgenommen werden.
+) Mein zweites Beispiel: Jemand möchte auf sein eigenes Gemeinwesen, womöglich auf das ganze Land, verändernd einwirken.
Im einen Beispiel borgt sich jemand Worte und Bilder, um mit bewegenden Gefühlen nicht unsichtbar zu werden. Im anderen Beispiel borgt sich jemand Worte und Bilder, um einen Wissens- und Kompetenzerwerb zu simulieren, der nicht stattgefunden hat.
Das hat in der aktuellen Mediensituation seine spezielle Färbung. Der Kompetenz-Simulant kapert die Arbeit andere Leute, um sich Aufmerksamkeit (wahlweise: Sendezeit) zu holen, für die er inhaltlich nicht seriös gearbeitet hat.
Hinzu kommt, daß sowas heute – dank diverser Troll-Farmen – von Bots (Softwarepackerln) per Fake-Accounts (gefälschte Identitäten) besser und schneller gemacht wird. Ich nehme daher an, derlei Simulanten, seichte Sprücheklopfer, zielen primär auf das Kleinräumige, auf das eigene Gemeinwesen.
Das ist einer der Zusammenhänge, die ich beim Thema „Rechtsruck des steirischen Kulturbetriebs“ finde. Da leisten sich Leute, die reüssieren möchten (oder im Betrieb schon etabliert sind) stellenweise eine erstaunliche Sprücheklopferei und reagieren sehr heftig darauf, wenn man nachfragt, was genau gemeint sei.
Die Steigerung liegt im aggressiven „Verkünden statt begründen“. Da werden dann bloß noch Memes, Zitate, Videoclips und Links aus anderen Quellen rausgehauen, um den eigenen politischen Standpunkt zu verdeutlichen. Eine Abkürzung durch den Verzicht auf Kompetenzerwerb. Zitieren reicht.
Selbst Formuliertes, mit dem sich erworbenes Wissen ausdrückt, kommt dann praktisch nicht mehr vor. Konkret habe ich derzeit Kulturschaffende um mich, deren Social Media-Präsenz handelt hauptsächlich von a) Selbstdarstellung in Posen und b) Zitaten aus mehreren fremden Quellen Quellen wie Auf1, FPÖ, MfG und Telegram sowie themenverwandte Youtube-Kanäle.
Das fällt eigentlich nicht unter „Öffentlicher Diskurs“, sondern unter Propaganda. Dazu passen auch stets neu auftauchende Stickers/Aufkleber im öffentlichen Raum Gleisdorfs. Das Personal solcher politischer Kampagnen läßt sich ganz gut sortieren. Siehe dazu meine Typologie der Wasserträger im Kontext Neofaschismus: 1) Die Zierfische, 2) die zeitlose SA, 3) die nächste Bourgeoisie und 4) die Junker. (Quelle)
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