Wozu und warum politische Glossen auf einer Kultur-Website? Gegenfrage: Wie denn nicht? Ich nenne meine Gründe.
Facebook ist ein Massenmedium und hat etwas Allgegenwärtiges, in dem das alte Denkmodell „Zentrum/Provinz“ bedeutungslos ist.
Das gilt auch für andere Online-Plattformen und Kanäle. Der Reiz daran: Ein Großteil davon gedeiht ohne Türhüter, die den Zugang zur Öffentlichkeit regeln. Damit hat sich radikal verändert, was wir eben noch als Öffentlichkeit, als öffentliche Diskurse und öffentliche Meinung kannten.
Wissens- und Kulturarbeit ist kein Dekorationsgeschäft, wetteifert nicht mit der Unterhaltungsindustrie um Quoten und Entertainment-Erfolge. Naja, idealtypisch betrachtet. Praktisch gibt es natürlich Überschneidungen und Mischformen.
Die Freiheit der Kunst
Meine Profession ist von einem speziellen Modus geprägt: die Freiheit der Kunst. Das wird häufig mißverstanden. Dieser Modus besagt, daß für meine Kunstpraxis keine Tabus, Denkverbote oder andere Einschränkungen zulässig sind.
Das besagt aber nicht, ich sei deshalb von Konsequenzen solcher Praxis und allfälligen Sanktionen freigestellt. Die Kunst ist frei, aber als Künstler bin ich Teil eines konkreten Gemeinwesens, von dessen Gesetzen mich niemand entbunden hat. Ich handle also auf eigenes Risiko, wenn ich dabei an Grenzen rüttle. (Das ist ein sehr politischer Aspekt.)
Künstler zu sein ist demnach keine Art der Priesterschaft, in der man eigenen Gesetzen unterliegt. Was aber meine inneren Vorgänge und meine künstlerische Arbeit angeht, mag ich mir selbstverständlich meine eigenen Gesetze schaffen. Genau das bedeutet der Begriff Autonomie. (Nomos ist das altgriechische Wort für Gesetz.) Siehe dazu auch: „Kunst & Priesterschaft?“ (Über nötige Trennschärfe)
Meine Autonomie als Künstler besteht komplementär zu meinen Bindungen als Staatsbürger. Daß diese Bindungen stets neu verhandelt werden und Regelverletzungen oft der Anlaß dazu sind, gehört seit jeher zur menschlichen Gemeinschaft.
Das hängt also untrennbar zusammen: Meine Existenz als Künstler und als Staatsbürger. Daher muß ich an Prozessen teilnehmen, durch die Rahmenbedingungen der Kunst geprägt werden. Und ich muß am politischen Leben dieser Gesellschaft teilnehmen.
Für beide Bereiche, meine Kunstpraxis und meine gemeinwesenorientierten Vorhaben, ziehe ich es vor, daß zwischen Konsumation und Partizipation ein höheres Gewicht auf aktiver Teilhabe liegt. Das muß auch in öffentlichen Diskursen vorkommen. Anders ist für mich Demokratie nicht vorstellbar; als ein wichtiges Element im Fundament der Republik. Genau das aber bedeutet dieser Begriff: Res publica. Öffentliche Angelegenheit.
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