Feistritz: Die Drehbank

Rotationskörper. Wie klingt denn das? Geradezu elegant. Unsereins sagt einfach Werkstück. Oder Drehteil.

Das Spannfutter, in dem Werkstücke fixiert werden

Ich bin vergnügt, wenn ich unerwartet vor so einem klassischen Teil stehe. Man bekommt heute kaum noch Drehbänke zu sehen, zu denen ein separater Satz Zahnräder gehört, um für verschiedene Drehzahlbereiche gerüstet zu sein. (Sie hängen hier griffbereit an der Wand.)

Da wird während der Arbeit nach Bedarf umgesteckt. Ich habe etliche Handwerker kennengelernt, die benötigte Kleinteile „schnell amal herunterdrehen“. Das können auch Winzlinge sein, unter einem halben Zentimeter Durchmesser. Manche dieser Schrauber ziehen es vor, mit so einer klassischen Drehbank zu arbeiten.

Wer zum Beispiel alte Fahrzeuge restauriert, muß sowas in Griffweite haben, um diesen oder jenen Mangel an Teilen sofort beheben zu können. Der Kontrast zu modernen Gerätschaften ist enorm.

Haben Sie schon einmal vor einer zeitgemäßen CNC-Maschine gestanden? Dann werden Sie mir vielleicht zustimmen: diese dunkle Drehbank stammt noch von Atlantis, dem versunkenen Kontinent. Die Drehbank sah ich im Vorraum eines alten Krafthauses. Ein Raum im Zugangsbereich jenes Kraftwerkes an der Feistritz, das 1905 in der Stubenbergklamm gebaut wurde und trotz modernem Zubau erhalten blieb.

Das Umfeld der Drehbank macht deutlich: man hätte sie auch ohne elektrischen Strom betreiben können. Unter der Decke befindet sich ein offenes Riemengetriebe mit unterschiedlich großen Riemenscheiben und Walzen. (Kreuzt man einen Transmissionsriemen, ändert das die Drehbewegung in die Gegenrichtung.)

Die Hauptachse könnte ja problemlos mit einem Wasserrad angetrieben werden. Gut denkbar, daß es genau so gemacht wurde, als sich das Kraftwerk im Bau befand und noch keinen elektrischen Strom produziert hat.

Drehbänke gab es schon in der Antike. Vielleicht sind Sie alt genug, um bei den Großeltern noch Nähmaschinen mit Fußwippe gesehen zu haben. Eine Wippe, eine Kurbel, schon hat man die gewünschte Drehbewegung, welche ihre Energie aus den menschlichen Beinen bezieht. Genau das war schon der Antriebsmechanismus von Drehbänken, da gab es noch lange keine Nähmaschinen.

Ein Elektromotor für alle Fälle

Fußnötchen
Ich finde es interessant, daß aus dem Drechseln eine populäre Metapher abgeleitet wurde. Wer geschlissene oder auch etwas umständliche Sätze spricht, äußert sich demnach in „gedrechselten Sätzen“, was vermutlich meint: Ecken und Kanten sind weg.

+) Feitritz. Werke (Eine Übersicht)
+) Die Mechanisierung der Welt

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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