Wir gehen auf den 8. Mai zu. Im Jahr 1945 wurde zu diesem Datum der heimische Faschismus militärisch geschlagen.
Dadurch verschwand er freilich nicht. Er hat sich gewandelt, entwickelt, alltagstaugliche Formen angenommen.
Es ist kurios, daran zu denken, während Europa mit einem Krieg konfrontiert ist, dessen Aggressor alle Merkmale eines faschistischen Systems in zeitgemäßer Variante aufweist und dabei als Kriegsgrund behauptet, er müsse einen „neuen Nationalsozialismus“ bekämpfen.
Folgt man der Arbeit von Umberto Eco, sind wir gut beraten, laufend zu überprüfen, welche Kriterien einer Gesellschaft nachweisbar sind, die nach Eco einen „ewigen Faschismus“ belegen. Ich meine, daß unsere Gesellschaft dieser Prüfung laufend bedarf.
Ich bespiele nun im zweiten Jahr gemeinsam mit Künstlerin Monika Lafer den „Zeit.Raum“ in der Gleisdorfer Bürgergasse. Dort kommt das Thema heuer wieder zur Sprache. Das hat, wie Sie sehen werden, keinen Event-Charakter, ist nicht auf Bekenntnisse und Slogans gestützt.
Wir bearbeiten das Thema mit Mitteln der Kunst. Das ist ein Erzählen auf visueller und sprachlicher Ebene, ein Umgang mit Metaphern.
Zum Hintergrund
Wo Gewalt kodifiziert und damit kulturell etabliert wird, geht es für uns unter anderem darum, solche Codes zu entschlüsseln. Künstlerische Praxis ist ein Weg, um Kultur zu lesen, aber auch lesbar zu machen.
Das bedeutet ferner, in der Kunst wird die Deutungshoheit etablierter Kräfte angefochten, werden ganz andere Realitätskonzepte als jene der Herrschenden als möglich betont. Das ist eine der eigentlichen Wechselbeziehung zwischen Kunstschaffenden und Gesellschaft.
+) Zeit.Raum (Übersicht)
Aktuell
+) Episode XXV: Wasser (Gläserne Komplexität)
+) Episode XXVI: Mai acht, Bruchstelle (Zum 8. Mai 1945)
Postskriptum
Zu den Kriterien von Umberto Eco und seiner Auffassung eines Ur-Faschismus siehe: „Gleisdorf: Betrachtungen #10“ vom 16.12.2021!