Die Gleisdorfer Protestbewegung hat am Abend des Wahlsonntags einen bisherigen Tiefpunkt erreicht. Es kamen so wenige Leute zusammen, daß gleich einmal die drei bereitstehenden Polizeiwagen abfuhren, ehe sich das Restgrüppchen zerstreute. Was war geschehen?
In den letzten Wochen ist von den vormaligen „Protest-Promis“ nichts mehr zu sehen gewesen. Die lauten und schrillen Verkündigungs-Fachleute mußten feststellen, daß die Aufmerksamkeitskurve des werten Publikums sich verflachte.
Das hätte nun konsequente inhaltliche und formale Arbeit verlangt. (Ja! Arbeit.) Also vertschüssten sie sich, denn es war auf die leichte Art offenbar nichts mehr zu holen. Davor hatte sich schon die regionale „Prosecco-Partie“ aufgelöst. Was diese „Entrepreneurs“ an Gütern und Dienstleitungen anzubieten hatten, diverses Fitness- und Wellness-Zubehör, war eben bloß einige Zeit zu promoten, bis sich das Marktpotential hatte klären lassen…
Was heute an realpolitischem Potential in der ganzen Geschichte steckt, hat der mickrige Wahlerfolg von MFG-Kandidat Michael Brunner deutlich machen können. Im Augenblick nennt das Innenministerium 2.1 Prozent. („Das endgültige Ergebnis der Bundespräsidentenwahl 2022 wird die Bundeswahlbehörde am 17. Oktober 2022 feststellen und auf der Amtstafel des Bundesministeriums für Inneres sowie im Internet verlautbaren.“) [Quelle]
Das ist gerade einmal der Hauch von Protestverhalten und wurde bloß noch mit 1,6 Prozent vom obskuren Schuhmacher Heinrich Staudinger unterboten. In Gleisdorf konnte und kann man freilich sehen, daß die Protestbewegung eben noch in treuen Händen von FPÖ-Aktivisten gepoltert hat. Davon blieb vor Ort kaum etwas übrig.
Frontmann Mani Weiss wird sich also wieder darauf beschränken müssen, daß er Fotos postet, die ihn mit Kickl und Konsorten zeugen. Man erinnert sich übrigens, Kickl hatte bei seinem Gleisdorfbesuch im vergangenen Juni von einer „Widerstandsbewegung“ gesprochen, die hier erfolgreich sei. (Diesen Widerständlern bleiben derzeit nur Haider-Reminiszenzen anläßlich des Todestages ihres Helden.)
Dann wäre da noch ein nicht berechenbarer Konsolidierungseffekt, den Identitäre, Vaterländische, Neofaschisten, Hitler-Nostalgiker und Antisemiten in diesen Gleisdorfer Aktionswochen generieren konnten. Deshalb nicht berechenbar, weil sich das hinter Kulissen manifestiert.
Deren Wirken wird beizeiten wieder mit diesen oder jenen verklausulierten Motiven im öffentlichen Diskurs auftauchen, aber dabei wohl eher keinen Gegenwind erhalten. Was gab es diesbezüglich, außer einiger Wirtshaustisch-Runden beim Laurenzi-Bräu? Eine völlig zahnlose, kleine Plakataktion im letzten Februar, die hübsch anonym blieb und eher versteckt aufgestellt war. Kulturreferent Karl Bauer erwähnte „fünf Kommentare“ einer maskierten „Künstlergruppe“, die frei von ironischer Brechung blieben und auch frei von irgendwelchen Konsequenzen. Naja, man will sich schließlich keinen Ärger einhandeln…
Postskriptum
In Gleisdorf blieb MFG-Kandidat Michael Brunner mit 2,03 Prozent sogar unter dem österreichweiten Gesamtwert: [Quelle]