Dieser Begriff „Kulturfestung“ ist heutzutage natürlich ein Widerspruch in sich, ein ideologisches Relikt aus Herrschaftsverhältnissen der Feudalzeit. Damit beklebt jemand ein von jeglicher Komplexität befreites politisches Konstrukt aus versunkenen Zeiten, um sich den konkreten Anforderungen der Gegenwart nicht stellen zu müssen.
Wie originell, daß steirische „Identitäre“ mit diesem Wort inzwischen ihr Zentrum behängt haben. Es war vor der Umbenennung dem Freiherr Hackher zu Hart gewidmet; volkstümlich: Major Hackher. Vielleicht haben „Identitäre“ inzwischen einige jener militärhistorischen Schriften gelesen, die deutlich machen, daß jene Schloßbergverteidigung (1809) auf jeden Fall kein Ruhmesblatt ergeben hat, sondern von Peinlichkeiten und Kompetenzmängeln geprägt war.
Aber das paßt ja! Die peinliche, zur Heldentat aufgebauschte Schloßbergverteidigung mit ihrer völlig unterqualifizierten Mannschaft, ohne adäquate Bewaffnung, wie sie Steine und Möbel auf den Gegner schmissen und so schlecht schossen, daß die Franzosen baten, sie mögen damit aufhören, weil sie oft brave Grazer Leute treffen würden.
Der Kontext
Wie komme ich darauf? Die „Kulturfestung“ ist jetzt nur einer von mehreren Referenzpunkten auf einem internen Flyer zu einer kommenden Veranstaltung des Gleisdorfer Kulturvereins „Trefferei“. Lauter nette Leute! Das klingt so moderat: „Messe der alternativen Medien“. Da darf man allerdings (unter Beachtung der Promotoren des Meetings) mit kuriosen Schwerpunkten rechnen. (Dabei sind in einigen Punkten Zuschreibungen wie rechts, radikal und neofaschistisch angebracht.)
Wie paßt das mit der Gleisdorfer Unruhe zusammen? Meine bisherigen Recherchen, meine Begegnungen und meine Gespräche lassen auf einen interessanten Kern von Goldgräber-Seelen schließen. Lassen wir kurz beiseite, was über Monate an Partikularinteressen mitgebrüllt wurde. (Manche der Erregten hatten Erfolge, andere nicht, das rüttelte sich zurecht.)
Doch die Antisemiten, die Hitler-Nostalgiker und die Neofaschisten sind geblieben. Die Vaterländischen und die politischen Glücksritter haben sich ein wenig in den Hintergrund verzogen und werten nun aus, was die bisherigen Umtriebe in Gleisdorf gebracht haben.
So bleiben inzwischen Neofaschistin Fide Veritas und ein paar andere Kurzzeit-B-Promis Gleisdorfer Umzügen fern. Manche, wie Frau Fide, haben ihr Facebook-Konto gelöscht. Da wird nun auf anderer Ebene weitergearbeitet.
Die Standarte von Vladimir Putin und die Flagge von Nordkorea habe ich vor Ort derweil nicht mehr gesehen. Die kleine Restbewegung, wie sie während der letzten Zeit in Gleisdorf auftrat, hat einen leicht identifizierbaren Führungs-Anteil an FPÖ-Leuten. Was Freiheitliche und MFG nun realpolitisch zuwegebringen, werden wir heuer noch erfahren.
Doch die Vaterländischen und die Neofaschisten haben offenbar Strategien und Gangart adaptiert. Ein strategischer Zug, den die Neue Rechte in Europa seit rund 40 Jahren immer wieder einzusetzen versteht.
Die offenen und öffentlichen Angriffe auf Fundamente der Republik bleiben unverhüllt. Im Gleisdorfer Rathaus ist man allerdings weitgehend mit dem zufrieden, was bisher an politischen Gegenpositionen gesetzt wurde. Und wer in den letzten Monaten bei manchem Gespräch die Klappe gegen diese Entwicklung aufgerissen hat, beließ es dabei. Es folgten keine erkennbaren Praxisschritte, von denen ich berichten könnte.
Ich möchte sagen: Zwei zu Null für die Neue Rechte. Deren Anhängerschaft konnte 1) den öffentlichen Raum Gleisdorfs über viele Monate ausdauernd und weitgehend ungestört mit Inhalten bespielen. Sie konnte 2) ebenso ungestört den aktuellen Ebenenwechsel einrichten, hat in Gleisdorf eine geeignete Struktur etabliert, eine Drehscheibe verankert.
Wie Gleisdorfs etablierte Politik darauf reagiert, ist in der kleinen Dokumentation „Offener Brief“ aktuell zusammengefaßt: Der Link