(Beiträge und Fragen zu einer nächsten Kulturpolitik)
Zugegeben ich nehme es persönlich, wenn mir jemand nicht bloß im Vorbeigehen, sondern nachdrücklich vorhält, ich sei ungenau und würde etwas nicht verstehen, obwohl man es mir erklärt habe. Zumindest wenn es den steirischen Kulturbetrieb angeht. (Auf anderen Feldern kommt das selbstverständlich vor.)
Ich nehme so einen Befund (ungenau, verständnislos) deshalb persönlich, weil er in den meisten Fällen eine Machtdemonstration ist. Wenn mir das jemand zumutet und im selben Gespräch betont, wir säßen im gleichen Boot, sollten am gleichen Strang ziehen, dann weiß ich, was es geschlagen hat. Vor allem vor dem Hintergrund der letzten zehn Jahre einer unerträglichen Erosion steirischer Kulturpolitik.
Herrschaft und Dienstboten
Es war für mich bezeichnend, daß mir bei der Weizer Session ein zentrales Thema flott vom Tisch gewischt wurde: Wir haben spätestens seit 2010 ein massives Problem damit, daß Kunst und Kultur vielfach zu Mägden des Marketings degradiert werden. Es wurden dabei auch so manche Kulturbudgets gekapert und für andere Zwecke genutzt.
Bemerkenswert, daß wir am Tisch 3 („Bereichs- und ressortübergreifendem Arbeiten“) darüber nicht reden konnten. Doch da ist immer noch mein Dissens mit der Organisationsleitung. Ich meinte, die Einladungspolitik sei hierarchisch umgesetzt worden. Man beteuerte mir, das Gegenteil sei der Fall.
Mein erster Impuls: „Ah, okay, und ich bin hier der Dorfdepp.“ Ich will das geklärt sehen! In der vorigen Glosse hab ich schon geschildert, daß Einladungsbefugnis und Arbeitskreis-Leitung an zwei Personen nicht zum Beispiel im Verhältnis a) Institution & b) Freie Szene verteilt wurden, sondern a) Institution & b) Institution. Weshalb?
Strikt Top down
Diese Befugnisse gingen – wie erwähnt – an die höchste regionale Instanz, nämlich an zwei Kräfte, die dem Bürgermeister und Parlamentarier Christoph Stark a) dienstlich und b) politisch verpflichtet sind:
a) Iris Absenger-Helmli (Leader Regionalmanagement)
b) Karl Bauer (Kulturreferent Gleisdorf)
In der vorigen Glosse habe ich schon erläutert, was ich mit a) staatlichen, b) staatsnahen und c) privaten Kultureinrichtungen meine. Schauen wir uns nun das Weizer Setting in diesem Sinn an. Da saßen am Tisch – neben den beiden leitenden Kräften – Personen folgender Einrichtungen:
+) Musikschule (staatlich)
+) Universitätsabteilung (staatlich)
+) Akademie Graz (staatsnah)
+) Weizer Kunstschule (staatsnah)
Schließlich noch:
+) Kunstpark St. Ruprecht (frei)
…sowie zwei Einzelpersonen:
+) Die Freie Radikale aus der IT-Branche
+) Der Künstler (Krusche)
… wobei etwas von Belang zwar nicht deklariert wurde, aber im Gesprächsverlauf klar wurde. Vier der Personen sind formell in einem neuen EU-Projekt aktiv, das in Weiz etabliert ist, bilden also ein Team, nämlich die Frauen von:
+) Leader Regionalmanagement (privatwirtschaftlich)
+) Universitätsabteilung (staatlich)
+) Akademie Graz (staatsnah)
+) Weizer Kunstschule (staatsnah)
Totale Schräglage
Es zeigte sich ferner, daß die freie Radikale aus der IT-Branche mit diesem Quartett vorzüglich harmoniert, denn ihr Auftakt-Input wurde zum Basiskatalog des Arbeitskreis-Ergebnisses, mit dem Kulturreferent und Arbeitskreisleite Karl Bauer d’accord war, wie übrigens das Doku-Video zur Präsentation belegt: Absenger-Helmli, Bauer und Feirer im Einklang.
Das heißt, sechs von elf Personen am Tisch in gemeinsamer Arbeit verbunden, wahlweise in Korrespondenz mit diesem neuen regionalen EU-Projekt, über das es keine nähere Auskunft gab. Dann noch ein Musikschuldirektor (staatlich) mit seinen Eigeninteressen. Schließlich zwei Initiativenleute und ich als Part einer „freien Szene“.
Wie schon vermutet, ich bin hier der Dorfdepp. Oder ich war eventuell Statist in einem Arbeitskreis, bei dem die Themenstellung „Bereichs- und ressortübergreifendem Arbeiten“ durch die Hausmacht der genannten Formation der sechs von elf Personen schon vorab im Kasten war.
— [Das Weizer Panel] —
— [The Long Distance Howl] —