Über all die letzten Monate ist eine Protestbewegung in Gleisdorf inhaltlich einfach nicht auf den Punkt gekommen. Es blieb beim Lärmen und inzwischen sind da bloß noch etwas banale Slogans übrig. Den zweiten Schritt haben sich die empörten Leute erspart: Ganz konkret und politisch handlungsfähig werden. Also endlich begründen statt verkünden. Eine relevante Mehrheit bilden.
Die erregbaren Menschen sind auf einen kleinen Kreis geschrumpft, den man ohne die mobile Lautsprecheranlage glatt für eine Hochzeitsgesellschaft oder eine Täuflings-Partie halten könnte. „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit klaut!“ verkünden sie in aller denkbaren Freiheit, wie sie weltweit keineswegs überall gesichert ist.
Von den versierteren Aktivistinnen und Aktivisten wurden diese Umtriebigen inzwischen verlassen. Die „Protest-Promis“ sind vorerst weg. Dafür ist der Lautsprecherwagen brandneu und imposant, sieht weit besser aus als die vorherige Grammel. Auch der junge Mann im Security-Dress, schön in Schwarz, Barett auf dem Kopf, Bodycam auf der Brust, macht sich gut vor der Nase des wuchtigen Ford Pickup mit Grazer Kennzeichen. Alles höchst dekorativ.
Harte Kontraste
Während also diese Prozession aufbricht, wobei Leute demonstrativ um ihre Freiheit zittern, pflegen im Gastgarten daneben andere Leute ihren herben Kummer über die entfleuchte Freiheit mit kalten Drinks, warmen Brezeln und launigen Plaudereien.
Als einer der Protestierenden kurz zu mir kommt und wir mitten Gespräch sind, wird er von einem Stadtpolitiker harsch des Tisches verwiesen: „Du bist hier nicht erwünscht!“ Ich halte das für völlig unangemessen, zumal der Mann sich ja gerade mit mir unterhielt, aber es verdeutlicht den Status quo in der Stadt. (Referenz ist das keine.)
Realitätsschock
Die etwas verloren wirkenden Empörten wurden von der Realität längst überholt. Sie lärmen weiter, statt sich den Mühen der politischen Basisarbeit zu unterziehen, nämlich für längst formulierte Volksbegehren Stimmen zu sammeln oder die Stimme des Volkes zu akzeptieren, falls daraus nichts wird.
Können die eigentlich lesen? Was so alles läuft: „Keine Impfpflicht Minderjähriger, Keine Impfpflicht, COVID-Maßnahmen abschaffen, Wiedergutmachung der COVID-19-Massnahmen, Wir fordern Coronaimpfstoffalternativen!, Kinderrechte-Volksbegehren, Rücktritt Bundesregierung, Nehammer muss weg, ECHTE Demokratie – Volksbegehren…“
Das können Sie auf einer staatlichen Website nachlesen: „Aktuelle Volksbegehren“. Die Themenliste läßt eher keine Wünsche offen. Das Plärren auf Gleisdorfs Straßen ersetzt offenbar die Mühe, nun endlich konkret über Stimmen uns Zahlen zu belegen, daß man mit den geplärrten Forderungen nicht bloß ein randständiger Schrebergartenverein von Ober-, Mitter- oder Unterlabill ist.
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