(Beiträge und Fragen zu einer nächsten Kulturpolitik)
Der Ausgangspunkt, eine ungewohnte Situation. Der ranghöchste Kulturpolitiker des Landes hat eine Serie von kulturpolitischen Konferenzen initiiert. Primäre Kräfte der Wissens- und Kulturarbeit sowie der Kunstpraxis gehen in Debatten mit Verwaltungsorganen und politischem Personal, mit Leuten aus Erwachsenbildung und Kulturmanagement.
Das halte ich für eine Repolitisierung des Metiers, nachdem die primären Kräfte der Steiermark wenigstens 30 Jahre auf eine permanenten und kritischen kulturpolitischen Diskurs (als einem öffentlichen Diskurs) verzichtet haben. Natürlich hätten wir das in unserem Metier selbst leisten können, haben wir aber nicht.
Wer mir in diesem Punkte widersprechen möchte, möge mir bitte Links zuzusenden, die auf Quellen verweisen, welche etwas anderes belegen. (Einzelne Konferenzchen, über all die Jahre und Orte karg verstreut, werte ich nicht als Beleg.)
Dem gegenüber haben sich zahlreiche steirische Kräfte in Politik und Verwaltung hervorgetan, um Kunst und Kultur zu Mägden des Marketings herabzuwürdigen. Das stabilisiert zwar temporär den Status quo der Einrichtungen, beschädigt aber unterm Strich die Zukunftsfähigkeit eines Gemeinwesens.
Solche Modi sind Beispiele für eine Entpolitisierung des Metiers. Das bemäntelt man, indem man PR-Arbeit drüberlegt, wie ja auch das alltagspolitische Geschäft wenigstens über die letzten 20 Jahre einen immer höheren Anteil an Public Realions benötigt hat. (Kann man machen, schwächt aber, wie schon erwähnt, die Zukunftsfähigkeit eines Gemeinwesens.)
Das Politische
Ich verwende ein paar alte Begriffe und kombiniere sie mit aktuellen, um zu verdeutlichen, was ich mit dem Wort Politik meine, also auch mit Kulturpolitik. Das Wort Politik steht bei mir als Sammelbegriff für Inhalte, Prozesse und Strukturen, die es zur Regelung der Angelegenheiten eines Gemeinwesens braucht.
Ein Gemeinwesen, egal ob Dorf oder Staat, bewegt sich als soziales Gefüge aufgrund einer Vielzahl von Interessen, wovon manche auch unausweichlich kollidieren. Das ereignet sich ähnlich wie bei kollidierenden Rechtsgütern die ausnahmslos wichtig sind, aber einander widersprechen können.
Es ist eine wichtige Aufgabe der Funktionstragenden dieses Gefüges, in der Ausübung von Staatskunst diese unterschiedlichen Interessen zu orchestrieren. Ich mag den anschaulichen Begriff aus der Musik, denn er meint die Ausarbeitung von Kompositionsentwürfen für ein Orchester, damit dann konkret gespielt werden kann.
Das läßt sich als Metapher sehr gut auf eine Republik (Res publica = öffentliche Angelegenheit) umlegen. Es werden Vereinbarungen getroffen und Regeln festgelegt. Das allein reicht aber nicht. Diese Regelwerke müssen „orchestriert“ werden, damit das Gemeinwesen gelebt werden kann.
Drei Sektoren
Haben Sie bitte etwas Geduld für diese Überlegungen, auch für Klärungen, denn sonst werden Begriffe viel zu leicht mit eigennützigen Bedeutungen belegt, was Mißverständnisse und Konflikte vorprogrammiert. Ich beziehe mich in meinen Ansichten auf Europas Ideen- und Sozialgeschichte. Daher verstehe ich Politik als ein Wechselspiel der Staatskunst (Politika) mit dem Gemeinwesen, also der Funktionstragenden mit der Zivilgesellschaft (Polis).
Im günstigsten Fall sind Politika und Polis miteinander in Resonanz, oft genug in Konfrontation. In der kulturellen Praxis eines Gemeinwesens finde ich drei Sektoren, die im Idealfall geschmeidig interagieren, was sich in der Praxis von Kunst Ost widerspiegelt; zuweilen mit Konflikten und Bröseln.
Die drei Sektoren sind Staat, Markt und Zivilgesellschaft. Mit Staat meine ich Politik und Verwaltung. Mit Markt meine ich Wirtschaftstreibende und Betriebe. Zivilgesellschaft meint Pivatpersonen und Rechtspersonen, etwa Vereine.
Da diese Sektoren mit unterschiedlichen Mitteln ausgestattet sind, unterschiedliche Ressourcen einbringen, brauchen wir dafür eine Kodex. Würde ausschließlich „Wer zahlt, schafft an!“ gelten, hätten wir einen Dienstleistungsbetrieb in Arbeit. Das ist kein adäquater Modus für das geistige Leben eines Gemeinwesens. (Siehe dazu auch: „Repolitisierung„!)
— [Das Weizer Panel] —
— [The Long Distance Howl] —