D:Demo #34, Heuchler III

[Vorlauf: Heuchler II] Ich hab es in der vorangegangenen Glosse über Heuchler schon notiert: Propaganda will mich nicht informieren, sondern rekrutieren. Das ist ein legitimes Motiv.

Aus des Spießers Wunderhorn: selbstreferentielle Kalendersprüche

Wenn es in einem klar deklarierten Kontext erfolgt, kann ich mich orientieren und werde mich nicht am branchenüblichen Superismus stoßen. Klar! Was immer mir die Werbebranche andient, wird mir als das Beste, Wirksamste, Smarteste, Angenehmste empfohlen. Kontext!

Wenn eine Protestbewegung Bürgerrechte nutzt, ist der Zusammenhang definiert. Das ist keine Werbeveranstaltung, sondern ein demokratischer Akt. Ich nehme dabei als Bürger Beeinträchtigungen meine Annehmlichkeiten in Kauf, denn Freiheit macht Arbeit. Sie kostet was. Sie wird uns nicht geschenkt.

Ich könnte mich also einfach darüber freuen, daß sich Menschen in meiner Nähe für Frieden und Freiheit einsetzen, keine Diktatur haben möchten, das öffentliche Leben und die öffentlichen Diskurse in diesen Fragen lebhaft mitgestalten. Könnte! Falls ich mich darauf verlassen dürfte, daß es ernstgemeint ist, von konsequenter Arbeit an diesen Themen begleitet wird und in der Debatte jederzeit überprüft werden kann, welche Motive dabei zur Wirkung kommen.

Wenn Bürgerrechte durch Aktionen eingefordert werden, ist die kritische Betrachtung der Aktionen unverzichtbar. Die Motive müssen standhalten, sonst verfällt der Anspruch. Was mir nicht gefallen kann, wäre ein werbewirksames Bewirtschaften vorgetragener Themen, um daraus Vorteile zu ziehen, ohne diese Angelegenheiten seriös zu bearbeiten. Aber weshalb sollte das jemand tun, nämlich solches Engagement vortäuschen?

Zur Frage nach Redlichkeit
Um einen Unterschied zu machen: Wenn wir uns im Gemeinwesen für etwas einsetzen, dann möchten wir daraus einen Nutzen ziehen. Das ist legitim. Wir können dafür in ganz unterschiedlichen Währungen entlohnt werden. Zum Beispiel mit Sichtbarkeit, Zuwendung, Applaus, Sozialprestige, Geld… Und manche dieser Währungen sind wechselseitig konvertierbar.

Ich verwende diesen Begriff Währung ganz bewußt, weil er etwas verdeutlicht. Sozialphilosoph Pierre Bourdieu hat für solche Debatten definiert, was er unter sozialem Kapital, ökonomischem Kapital, kulturellem Kapital und symbolischem Kapital versteht. Er meinte das Wort Kapital hier nicht im marxistischen Sinn, sondern bezeichnete damit jegliche Art von Früchten menschlicher Anstrengung.

Aus des Spießers Wunderhorn: das Wasser ist naß, der Papst ist katholisch

Verkürzt: durch die Art meiner Anstrengungen und die Früchte meines Engagements stelle ich mich in der Gemeinschaft, im sozialen Raum, an eine bestimmte Stelle, in eine bestimmte Position. In genau dieser Angelegenheit möchte ich von anderen nicht getäuscht, nicht hintergangen werden.

Wer das tut oder versucht, expandiert auf Kosten der Mitmenschen. Das verlangt nach Einwänden, notfalls nach Sanktionen. Ich finde Propaganda okay, wenn das Gebot von Redlichkeit halbwegs Beachtung findet. Wie schon erwähnt: ein Fließgleichgewicht im Denken, Reden und Tun.

Kommende Wahlen
Zwei, drei Jahre sind keineswegs viel Zeit, um als politische Kraft bei nächsten Wahlen mitziehen zu können. Hinzu kommt, daß manche ideologischen Formationen und politischen Kräfte in unserem Land definitiv außerhalb des Verfassungsbogens aufgestellt sind, also keine reguläre Partei werden könnten. Aber sie sind mit legitimen politischen Gruppierungen kompatibel.

+) Bundespräsidentenwahl: 2022
+) Nationalratswahl: 2024
+) Landtagswahl: 2024
+) Gemeinderatswahl: 2025 [Quelle]

Business?
Wer eine Partei gründen möchte oder schon formiert hat, wer ein Vorhaben oder eine bestehende Partei zu bewerben wünscht, muß dafür erhebliche Mittel aufbringen, damit sich Kampagnen umsetzen lassen.

Man kann in all dem auf öffentliche Gelder wie die Parteienförderung zielen, wird davor aber Spenden brauchen, um den eigenen Status anzuheben. Es gibt viele Spielarten, wie man Unruhe im Land, die Sorgen von Menschen, auch ganz konkrete Ängste bewirtschaften kann. Spenden sammeln, „Protestartikel“ vermarkten, Sponsoren gewinnen…

Eine Kampagne, die mit möglichst geringen Kosten einen erheblichen Effekt erzeugt, würde dabei wohl als Geschenk gelten. Ich denke, genau das geschieht in Gleisdorf derzeit; unter anderem.

Folgendes wäre nun zu klären. In dieser Gleisdorfer Protestbewegung lassen sich womöglich Kampagnen von wenigstens drei Parteien identifizieren.

Die FPÖ, dieBasis und die MFG. Ich wünschte, die Proponentinnen und Proponenten dieser Formationen würden den Schritt von der Straße zu konkreten Verhandlungen ihrer Ansprüche machen.

Begründen statt verkünden. Konkrete Anliegen auf den Tisch. Klären, was davon lokal/regional bearbeitbar ist. Die nötige Arbeit leisten. Was wäre nun zu dieser Klärung nötig?

+) Vorlauf | Fortsetzung
+) Die Betrachtungen im Überblick

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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