Ich bevorzuge ein simples Kriterium, um zu klären, ob jemand redlich ist. Die Redlichkeit einer Person ergibt sich für mich durch meinen Eindruck, ob wer zwischen dem eigenen Denken, Reden und Tun ein Fließgleichgewicht sicherstellt. Menschenmaß bedeutet: das ist nicht in Stein gehauen, kein starres Verhältnis, hat so seine Schwankungen. (Kein Problem!) Aber wenn ich wenigstens mittelfristig eine Balance zwischen diesen Aspekten annehmen darf, halte ich die Person für redlich.
Ich will ausgeschlossen sehen, daß mich jemand mit verdeckten Intentionen hintergeht. Bevor Sie mich nun fragen: in diesem Sinn würde ich auch einen Gauner für redlich halten, wenn er diese einfache Bedingung erfüllt. Gut, das ist jetzt eher ein Gedankenexperiment, nicht ganz realistisch. Ein Gauner kann mich schlecht übern Tisch ziehen, wenn er mir vorher seine Absichten offenlegt. Aber Sie verstehen, was ich meine?
Ich bin einigermaßen zufrieden, wenn bei Menschen das Denken, das Reden und das Tun halbwegs zueinander passen. Deshalb der Begriff Fließgleichgewicht. Es soll sich unterm Strich einigermaßen ausgehen.
Wer unter Ihnen Kinder hat, wird mir bestätigen können: das ist schon in diesen grundlegenden Beziehungen so. Sie können viel daherreden und sich vor ihren Gschrappen mit ethischen Prinzipen wichtig machen, sich in Pose werfen. Das Kind sieht Ihnen zu und zieht seine Schlüsse. „Macht er, was er sagt? Redet er nur groß? Ist er aufrichtig? Hält er Wort?“
Das ist zumindest meine Überzeugung. Als Vater kann ich den Prediger heraushängen. Das Kind wird nicht beeindruckt sein. Ich könnte es bloß einschüchtern, weil ich mächtiger bin. Das Kind will damit überzeugt werden, daß die Dinge richtig laufen, weil gemeint ist, was gesagt wurde, weil getan wird, was angekündigt wurde. Weshalb sollte das später bei Erwachsenen anderes sein? Ist es nicht! Was wurde ausgemacht? Pakttreue! Ich kann mich verlassen? Das zählt.
In der Gleisdorfer Unruhe wird zweimal pro Woche mit großer Lautstärke ein ganzes Bündel von politischen Forderungen angedeutet und ausgebreitet. Slogans. Schlagworte. Gut! Auf der Straße muß man seine Mitteilungen knapp halten, um gehört zu werden. (Da wird vor allem viel von der Liebe gesprochen und geplärrt.)
Meinen es die Leute ernst? Sind sie seriös? Werden Sie ihre Anliegen präzisieren und verhandeln, statt Andersdenkende anzubrüllen, unter Druck zu setzen? Sind sie zu klären in der Lage, was lokal und regional bearbeitet werden kann, was davon aber an andere Adressen gerichtet werden muß?
Also auch: Was taugt das viele Gerede von der Liebe? Haben diese Leute auf Gleisdorfs Straßen verdeckte Intentionen oder sind sie redlich? Ich verfolge die Gleisdorfer Unruhe auch in den Social Media.
Dabei fällt mir auf, daß etliche exponierte Personen es nicht einmal für nötig halten, ihre offenkundige Heuchelei zu kaschieren. Gelegentlich widersprechen sich die Botschaften. Sehr oft sind sie abschätzig bis beleidigend, vieles davon unbestreitbar Gewalt durch Sprache. (Ich werde in der Folge einige Beispiele aufblättern.) Das heißt, einige dieser Leute lügen mir einfach ins Gesicht und lachen dazu.
Gut! Eine bemerkenswerte Situation, über die nicht hinweggegangen werden kann. Politische und kulturelle Ansprüche, die da vorgebracht werden, betrachte ich für die nahe Zukunft als interessante Themen einer öffentlichen Verhandlung solcher Posen. Um es anderes auszudrücken: Dann schauen wir also, was ihr inhaltlich drauf habt, Leute!