Eine kleine Auswahl von Büchern aus meiner Hausbibliothek soll über die Erscheinungsjahre der Publikationen deutlich werden: wir wußten zwischen 1988/89 und 1992/93 schon sehr genau, daß wir es in Europa mit einer Neuen Rechten zu tun haben, die vielfach klug und zielstrebig darangegangen ist, politisch Boden zu gewinnen. Wie sehr das gelungen ist, erleben wir derzeit.
Ich hab schon mehrmals betont, daß die Neue Rechte in Europa seit den 1980er Jahren eine enorme kulturelle und politische Leistung vollbracht hat, die wir besser anerkannt hätten, um uns zu orientieren. In kollektiver Anmaßung wurde das von weiten Kreisen der Gesellschaft abschätzig betrachtet und unterschätzt.
Zu diesen Leistungen gehört die Einführung von Sprachregelungen, bei denen man rechtlich nicht belangt werden kann, aber dennoch Inhalte transportiert, die höchst problematisch sind. Dazu gehören neue soziale und politische Strategien, neues Auftreten und die Konzentration darauf, wichtige Positionen in allen denkbaren Institutionen der Gesellschaft zu erringen.
Die Neue Rechte stützt sich auf ein intellektuell leistungsfähiges Bildungsbürgertum. Wer bei dem Thema bloß auf Skins, auf alle Arten von Hooligans starrt, übersieht völlig, was sich derzeit in der Mitte unserer Gesellschaft längst etabliert hat.
Es gibt nach meiner Einschätzung keine Maßnahmen, mit denen sich gegenüber dieser Neuen Rechten aufholen läßt, was Jahrzehnte verabsäumt wurde. Es erscheint mir schlüssig und plausibel, daß nun solche Kräfte Ansprüche erheben, was die Inhalte und Modi der Demokratie betrifft. War darüber in Larmoyanz und/oder Ömpörung verfällt, tut nichts weiter, als das Problem zu vertiefen.
Ein Hauch von Kontext
Eben war über ein Jahr Sturm auf das US-Kapitol zu reden, dessen Anbahnung der damals amtierende Präsident Donald Trump eher unverhüllt mitgeprägt hat. Unvergeßlich sein Ruf „Stand by!“ an Milizen, also an private Streitkräfte. (Die Republikaner ließen damals wissen: „Wenn wir die Wahl nicht gewinnen, war es Wahlbetrug.“)
Inzwischen lese ich auch davon, daß es in den Vereinigten Staaten Kreise sehr reicher Leute gebe, die Steuern als Zumutung empfinden, aber bemüht sind, politische Kräfte zu kaufen und die Verwaltung zu blockieren. (Das weist Richtung Staat im Staat.)
Ich hab via Facebook bei einigen Leuten, die in Gleisdorf für Demokratie trommeln, mühelos Links finden können, die zur Trump-Verehrung führen. Auch Putin wird stellenweise als „Demokrat“ gefeiert, während er ganz unmaskiert an Westeuropa rüttelt, um herauszufinden, wer da was zu sagen hat und wie stark die demokratischen Kräfte auf diesem Teil des Kontinents derzeit sind.
Da rede ich jetzt noch gar nicht, von der enormen Schubkraft der Wirtschaftsmacht China, die in Westeuropa nicht bloß per Landbesitz und Infrastrukturkauf Boden gewinnt, sondern längst auch kulturell wirksam ist. Okay! Das ist Stand der Dinge. Ich zitiere wieder einmal mein liebstes Michael Crichton-Mantra: „Lösen Sie nicht die Schuldfrage, lösen Sie das Problem!“ Hier nun im Anschluß erwähnte Auswahl…
+) Vorlauf | Fortsetzung folgt!
+) Die Betrachtungen im Überblick
Die Auswahl
+) Busch, Thomas et al.: Im rechten Licht (Ermittlungen in Sachen Haider-FPÖ), Linz 1991
+) Bossi, Umberto et al.: Europa der Regionen, Graz 1993
+) DÖW (Brigitte Bailer & Wolfgang Neugebauer): Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus, Wien 1993
+) Hacker, Friedrich: Das Faschismus-Syndrom (Analyse eines aktuellen Phänomens), Düsseldorf 1990
+) Haider, Jörg: Die Freiheit, die ich meine (Das Ende des Proporzstaates. Plädoyer für die Dritte Republik), Frankfurt/Main 1993
+) Haslinger, Josef: Politik der Gefühle (Ein Essay über Österreich), Darmstadt 1987
+) Kerschbaumer Gert et al: Begnadet für das Schöne (Der rot-weiß-rote Kulturkampf gegen die Moderne), Wien 1992
+) Kirfel, Martina et al. (Hg.): Die Rückkehr der Führer (Modernisierter Rechtsradikalismus in Westeuropa), Wien 1989
+) Mensdorf, Alexander: Im Namen der Republik (Rechtsextremismus und Justiz in Österreich), Wien 1990
+) Reiterer, Albert F. (Hg): Nation und Nationalbewußtsein in Österreich (Ergebnisse einer empirischen Untersuchung), Wien 1988
+) Scharsach, Hans-Henning: Haiders Kampf, München 1992
+) Schulz, Hans-Jürgen (Hg.): Sie sind wieder da! (Faschismus und Reaktion in Europa), Frankfurt/Main 1990
+) Schwagerl H. Joachim: Rechtsextremes Denken (Merkmale und Methoden), Frankfurt/Main 1993