Ohne Transparenz, ohne Offenlegung, stellen wir unseren Diskursraum für verdeckte Intentionen zur Verfügung. Ich erlebe in der Steiermark etwa seit über 20 Jahren daß wir keinen konsequenten öffentlichen Diskurs über Kulturpolitik haben, während hinter allerhand Kulissen Fragwürdigkeiten blühen. Die Konsequenzen sind inzwischen extrem problematisch. Das scheint auch für andere Felder zuzutreffen. Ich versuche, nötige Kontraste darzustellen, denn das verbessert die Sicht. (Im Anschluß finden Sie im Postskriptum Details zu den hier genannten Personen.)
Zwei Tage nach dem Treffen, ein Tag nach der Notiz „Diskurs: Demokratie #4“, nun habe ich den Eindruck, die Formulierung paßt und erscheint den anderen akzeptabel: „Wir sind die Differenz!“ Ich traue nämlich dem Gerede von der „Spaltung der Gesellschaft“ nicht, die nun Menschen unter dem Druck von Anti-Corona-Maßnahmen verursacht und verschuldet hätten.
Das sind abgehalfterte Kurzformen, um komplexe gesellschaftliche Zustandsveränderungen zu beschreiben. Ich leben seit den 1970er Jahren in der Kunst. Wer als Freelancer in Österreich Teil dieses Volkes von Angestellten und Beamten ist, weiß zu gut, wie sehr Menschen auf Differenz achten.
Da werden vielfältige Distinktionsmethoden angewandt, um sich nach unten gegen jene abzugrenzen, die man für inferior hält, um sich nach oben jenen anzudienen, deren Huld man erhofft. Und freischaffende Künstler?
Lustig, das mit der Spaltung, wo ich allerhand erlebt hab, da mir Leute, die intellektuell und bezüglich Sachkompetenz definitiv nicht in meiner Liga spielen, von oben herab kamen, um ihre Interessen durchzusetzen.
Also wie passend, über unseren Kreis zu sagen: „Wir sind die Differenz!“ Das ist zugleich eine Anforderung. Was geschieht, wenn wir auf Dissens stoßen und Positionen vertreten werden, die einander womöglich ausschließen?
Habe wir dann unseren „Michel Foucualt-Moment“? Was der Philosoph in „Überwachen und Strafen“ thematisiert hat, bringe ich in etwas polemischer Verkürzung auf folgenden Punkt. Wer die Deutungshoheit innehat, richtet Andersdenkenden aus: „Entweder Ihr seid Vernunftflüchtlinge oder Delinquenten! Entweder Ihr seid zu blöd oder Ihr wollt nicht.“ Dann folgen Zwangsmaßnahmen…
In der aktuellen, überaus interessanten Krisensituation wollen wir also aus einer Art Deadlock heraus, aus einer Situation, die manche als Doppelbindung deuten und meinen, es gäbe nun keine Möglichkeit mehr, richtig zu handeln. An diese Art Deadlock glaube ich derzeit nicht. Wir lockern die Situation erst einmal, in dem alle im Kreis vorkommenden Ansichten als zulässig erklärt werden.
Man ist ja nicht gezwungen, sich Ansichten, die einem widerstreben, anzuschließen. Das wäre dann nämlich der Klassiker:
A: Du verstehst mich nicht.
B: Ich verstehe Dich sehr gut, aber ich stimme Dir nicht zu.
A: Nein, Du verstehst mich nicht.
= Deadlock! (Dafür kennen wir Beispiele in allen Beziehungsvarianten.)
Wir? Welches Wir?
Ich skizziere das kurz. Diese Angelegenheit hat für mich drei Initialmomente mit bemerkenswerten Personen.
+) Meine Verständigung mit Wolfgang Seereiter und Franz Wolfmayr.
+) Eine kleine Kontroverse mit Ada Kada.
+) Ein Gespräch mit Monika Lafer.
Das alles vor dem Hintergrund der aktuellen Gleisdorf Unruhen und meine Copiloten-Rolle beim üppigen Traktor-Korso, der Teil einer Gleisdorfer Protestveranstaltungen war.
Mit Wolfmayr bin ich seit Jahrzenten befreundet. Seereiter kenne ich schon viele Jahre. Sie sind beide in pädagogischen und sozialen Fragen versiert. Wolfmayr hat den Gleisdorfer Sozialbetrieb Chance B gegründet. Er war etliche Zeit Präsident der europaweit aktiven EASPD = European Association of Service Providers for Persons with Disabilities.
Seereiter ist Exponent der Initiative „Zukunft braucht Erinnerung“ (Das Mahnmal). Siehe dazu sein Dossier „Zukunft braucht Erinnerung – ein Gedenkprojekt von unten“ in der Liste (Postskriptum). Es wird Sie nicht überraschen, daß beide auch mit dem Thema Kara Tepe befaßt sind.
Meine Kontroverse mit Ada Kada führte zu einem Dialog, der in zwei Notizen skizziert ist: „Krusche/Kada: Zwischenstand“ und „Krusche/Kada: Schichten und Nuancen“. Durch die Begegnung mit ihr kamen Klaus Meßner (zweite liga für kunst und kultur) und Goran Simunovic (Atelier 12 KKB) ins Spiel.
Mit Monika Lafer arbeite ich seit rund einem Jahr im prozeßhaften Projekt „Zeit.Raum“ zusammen. Auch die vorhin genannten Referenzpunkte finden Sie im Postskriptum verlinkt.
Dazu abschließend ein kleines „Krusche-Set“ mit ein paar der Themen, die ich Richtung öffentlicher Diskurse bearbeite, wie zum Beispiel „Die neue Bourgeoisie“, „Für eine nächste Kulturpolitik,“ „Kara Tepe“, „Pfeifer im Sturm“ (Ein politischer Fall) etc.
+) Vorlauf | Fortsetzung
+) Die Betrachtungen im Überblick
Postskriptum
+) Atelier 12 KKB
+) Chance B
+) EASPD
+) Ada Kada
+) Monika Lafer: Zeit.Raum
+) Zukunft braucht Erinnerung: Das Mahnmal
+) Zukunft braucht Erinnerung – ein Gedenkprojekt von unten [PDF]
+) zweite liga für kunst und kultur
Martin Krusche: Diskurse
+) Die neue Bourgeoisie
+) Für eine nächste Kulturpolitik
+) Kara Tepe (Doku)
+) Krusche/Kada: Zwischenstand
+) Krusche/Kada: Schichten und Nuancen
+) Krusche/Protestmärsche: Die Traktor-Rallye
+) Pfeifer im Sturm (Ein politischer Fall)