Nach diesem Wochenende halte ich es für nötig, ein paar Grundlagen zum Thema „Demonstrationen“ zu vermitteln. Als lang gediente „Demonstrantin“ fällt mir nämlich auf, dass momentan dieses wichtige, demokratische Werkzeug nicht ganz so verwendet wird, wie es eigentlich gedacht ist. Darum heute: Demos für Anfänger!
1.) Demos sind dazu da, um zu verhandeln. Damit meine ich: wenn ein Anliegen kein Gehör bekommt, erhöht man die Dringlichkeit durch die Straße, mit dem Ziel, Verantwortliche an den Tisch zu zwingen, bzw. den Forderungen eine Wichtigkeit einzuräumen, sodass sie nicht weiter übergangen werden können.
2.) Es gibt konkrete, verhandelbare Forderungen! Eine Forderung ist das, was man erreichen will. Verhandelbar bedeutet in dem Fall, dass allen klar ist, wovon die Rede ist. Ein gutes Beispiel sind die Klimademos mit der Forderung der Einhaltung des Pariser Klimaabkommens. Es ist völlig klar, was in Paris vereinbart wurde.
Das sind die Parameter, die die Forderung nach der Einhaltung abgrenzen. Somit wissen alle, was gemeint und worüber gesprochen werden muss. Ein schlechtes Beispiel sind Schlagwörter wie „Liebe“ oder „Freiheit“. Nachdem diese Begriffe für jeden etwas anderes bedeuten können, sind sie zu unklar, um als Forderung durchzugehen. Worüber soll letztlich verhandelt werden? Darüber, dass wir uns lieben sollen? Dabei wird nichts rauskommen.
3.) Forderungen werden klar kommuniziert! Ob nun bei der Auftaktkundgebung, bei den Abschlusskundgebungen, oder mittels Flugblätter. Ich war noch auf keiner Demo, bei der es anders war. Die InitiatorInnen erreichen damit, dass alle DemonstrantInnen wirklich wissen, wozu sie da sind. Gleichzeitig machen sie deutlich, was sie damit erreichen wollen. Und natürlich sind die Reden emotional! Mit einer Power Point Präsentation ist nicht zu rechnen. Aber die Forderung ist klar! Egal wie pathetisch das Ganze aufbereitet wurde.
4.) man informiert sich, bevor man auf die Demo geht! Wie lauten die Forderungen? Wie will man sie durchsetzen? Wer sind die InitiatorInnen? Wer sind die RednerInnen? Passt deren Weltsicht mit meiner überein? Oder werde ich als Demonstrantin vor einen ideologischen Karren gespannt, den ich eigentlich nicht ziehen will? Denn nur, weil man das Gleiche fordert, heißt es noch nicht, dass man das Gleiche will! Darum muss man sich kümmern und nachdenken, will man sein demokratisches Recht in Form einer Demo ausüben.
5.) Regeln befolgen, denn alles hat Grenzen. Damit eine Demo demokratisch und sicher bleibt, hält man sich an die geltenden Bestimmungen. Schließlich will man ja was erreichen, auch wenn man dabei „laut“ ist. Ich weiß natürlich, dass es Gruppierungen geben kann, die das anders sehen, und Wirbel wollen. Darum gibt es den Punkt vier. InitiatorInnen weisen oft schon im Vorfeld darauf hin, welche Organisationen, Gruppen etc. sich bereits im Vorfeld angemeldet haben. Und ja – auch über die muss man sich schlau machen! Und gegebenenfalls fern bleiben, wenn man nicht mit jemanden in einen Topf geworfen werden will. Denn in der Außenwahrnehmung kann nicht differenziert werden. Wie auch? Wer dort ist und trotz besseren Wissens mitgeht, erklärt sich damit einverstanden.
Eine Demo ist eben ein demokratisches Mittel, mit dem man verantwortungsbewusst umgehen muss, um es nicht in Misskredit zu bringen. Und das passiert gerade. Ich habe noch keine verhandelbare Forderung ausmachen können. Demnach weiß ich auch noch nicht, wie man sie umsetzen will. Und wie es scheint, haben sich die DemonstrantInnen, die mehr Gemeinschaft „fordern“, nicht wirklich informiert, mit wem sie sich in eine Reihe stellen.
Ich hoffe, dass mein kleiner „Demo-Leitfaden“ Klarheit bringt. Auf dass Demonstrierende besser verstehen, wozu man eigentlich auf die Straße geht.