Gleisdorf: Betrachtungen #16

Ich höre und lese jetzt seit Wochen, daß es bei den Gleisdorfer Protesten nur um Liebe gehe, um Liebe und um Liebe. (Außerdem geht gegen die Impfpflicht. Eine legitime Position.) Und die Liebe. Ach, was mir mittlerweile Leute von Liebe reden, die hab ich das noch nie zuvor sagen gehört. Wunderbar!

Graffiti am Gleisdorfer Busbahnhof.

Gottfried Hammerl exponiert sich als einer der Schrittmacher dieser Bewegung, ist also inzwischen eine Person des öffentlichen Lebens, weshalb ich hier auf seine Anonymisierung verzichte. Er darf sich öffentlicher Liebesbekundungen erfreuen, etwa von Johanna H.: „Wir lieben Dich genauso wie Du bist Danke für Deinen unermüdlichen Einsatz.“ Er bewährt sich überdies als Lebensberater. So postete er am 22.12.2021: „Möge Liebe die letzte große tat sein, die die Welt erschüttert“.

Operette sich wer kann!
Dramaqueen? Aber nein! Demagoge. Er kapert diesen Begriff, diese Duftmarke aus einer Wohlfühl-Oase. Setzt man aber das gesamte Puzzle zusammen, wird gut erkennbar, daß sich in Gleisdorf zwischen Verärgerten und Empörten verschiedene politische Formationen zeigen, die Terrain und Budgets gewinnen wollen.

Gut, das ist legitim. Jeder Mensch darf sich in Österreich aufraffen, um eine politische Formation zu bilden und für seine Partikularinteressen Mehrheiten zu finden. Das ist wenigstens seit 1848 klar. (Mit kleinen Unterbrechungen.) Aber die Mittel! Darüber müssen wir reden. Außerdem sollten wir klären, ob mein Befund was taugt, daß sich in dieser Gleisdorf Unruhe auch neofaschistische Kräfte zeigen.

Dieses Memem kursiert im Facebook

Die schon erwähnte Johanna H. süßelt bei Hammerl: „Liebe ist die größte Macht auf Erden.“ Das ist Operette! Humbug. Da weiß jemand nichts von der Welt oder lügt. Diese plüschige Behauptung läßt sich nicht einmal durch die Gleisdorfer Demonstrationen belegen. (Reden wir doch über Geld, Waffen, Herrschaftswissen, Medienkonzerne, Werbeagenturen etc.)

Lebensberater Hammerl: „Das einzige was nichts bringt ist zu sagen das es nichts bringt !! Also steht auf !! Versuch nichts zu tun wenn du auf stehst !!“

Die Wellness- und Prosecco-Fraktion plus andere Kräfte
Wie erwähnt, es wird zu zeigen sein, daß zwischen vielen Menschen, die bei den Gleisdorfer Demonstrationen legitime Anliegen vertreten, rudelweise Agitatoren, Proponentinnen, auch Goldgräber aktiv sind, die sich um a) Sichtbarkeit, b) Publikumszuwachs, c) Spenden und d) auch Kundschaft für ihre Produkte bemühen; darunter eben viel Wellnesszeug, gymnastische Übungen, Belehrungen, Pflegeserien etc.

Da finde ich etwa „…eines der am schnellsten wachsenden Kosmetikunternehmen der Welt in den vergangenen 7 Jahren…“, „unabhängige Vertriebspartnerin (ätherische Öle, etc.)“, „…sanfte Vibrationen, die unser Nervensystem stimulieren. Wie diese auf einzigartige Weise in unserem Organismus wirken, erfahrt ihr…“

Da ist auch viel Trommelei für Herbert Kickl. Die Partei MFG ist in Gleisdorf schon präsent. Ich sehe überdies neofaschistische Aspekte aufleuchten, was nicht überrascht, denn in der Oststeiermark kenne ich seit den 1980er Jahren rechtsradikale Aktivitäten.

Gottfried Küssel und Gerd Honsik haben in der Region ihre Fans. Identitäre sind in der Gegend vertreten. (Gehen Sie davon aus, daß ich mich nicht mit Vorwürfen aufhalte, sondern hier noch im Detail darstellen und begründen werde, wie ich zu meinen Befunden komm.)

Ich habe inzwischen via Social Media neue „Freunde“, weil sich Leute aus dem Kreis der Protest- Proponentinnen und -Proponenten um Kontakt mit mir bemüht haben.

Eine typische Facebook-Situation, ich frage Raimund H. nach Details der Protestmärsche: „aber für welche inhalte? wo genau soll es hingehen? (ich schätze, die impfpflicht wird kommen. dann schauen wir, welche strategien zur anwendung gelangen. das wird interessant. ist ja in wenigen wochen so weit.)“

Gleisdorf, 25.12.21: die MFG ist da.

Raimund H.: „ich bin da anderer Meinung.“ Krusche: „ja, aber welcher? auf den demos höre ich immer nur parolen. wie soll das konkret weitergehen? was haben die demo-leute vor?“ Keine Antwort.

Mein Nachsatz: „leute, die durch straßen ziehen, politische parolen brüllen, lärm schlagen, aber nicht offenlegen, was sie vorhaben, sondern ihre intentionen verbergen, sind bloß ein mob, der die menschen schikaniert.“ Keine Antwort.

Oder Irmgard B., die sich ja an mich gewandt hatte, nicht ich mich an sie: „Wenn dir mein Account nicht gefällt, einfach löschen oder ausblenden! Ich bin für kurze und knackige Infos. Das mag ich und das verbreite ich. Amen.“ Lustig! (Übrigens auch eine Kickl-Trommlerin.)

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Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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