Was es wiegt, das hat’s XLVI: Inzidenzen

(Beiträge und Fragen zu einer nächsten Kulturpolitik)

Mich interessiert laufend, wie sich die Corona-Situation im Wechselspiel verschiedener Regulierungsmaßnahmen des Staates entwickelt, weil der gesamte Kulturbetrieb in seinen Möglichkeiten wesentlich davon abhängt, ob Menschen ungestört zusammenkommen können oder eher nicht.

Oliver Mally (rechts) und Peter Schneider, gezeichnet von Heinz Payer

Das stets neu aufkommende Gesudere um die Reglements langweilt mich, denn dieser kindliche Wunsch „Es reicht mir langsam!“ führt nirgends hin. Wir müssen mit den augenblicklichen Gegebenheiten arbeiten und handlungsfähig bleiben; oder auf dem Sofa hinterm Ofen Platz nehmen.

In meiner laufenden Verständigung mit Musiker Oliver Mally ist ganz unübersehbar und simpel zu festzustellen: je größer die angestrebte Publikumszahl, desto sprunghafter steigen die Anforderungen an die Veranstaltungs-Teams; begleitet von ernsten Haftungsfragen. Da entfaltet sich jenseits von Kleinkunstformaten ein enormer Aufwand, den viele Veranstaltungs-Teams derzeit nicht mehr in Kauf nehmen (können).

Das bedeutet auch, der Kulturbetrieb, wie wir ihn vor Corona kannten, ist augenblicklich Geschichte. Wir müssen für unsere Branche neue Modi entwickeln und erproben, denn – und da ist Mally deutlich – auch das vertraute Publikumsverhalten ist weitgehend weggebrochen. Die Menschen gehen heute an Kulturveranstaltungen anders heran.

Um mich am Lauf der Dinge besser orientieren zu können, notiere ich seit dem Frühjahr 2021 die Inzidenzzahlen meines Bezirks und Österreichs. So kann ich die „Wetterlage“ der Infektion besser erkennen. Aber Vorsicht! Verwechseln Sie nicht, wofür diese Zahlen stehen.

Inzidenz ist die „Anzahl der Neuerkrankungsfälle pro Zeiteinheit“. Das ist NICHT die Infektionszahl, denn wer a) Kontakt hatte und sich dabei b) infiziert hat, muß c) nicht unbedingt erkranken, obwohl es wahrscheinlich ist. Mancher Körper macht das Virus mit seinem Immunsystem flach, ohne einen belastenden Krankheitsverlauf auszulösen. (Ich aber verlasse mich darauf lieber nicht.)

Die Sieben-Tage-Inzidenz besagt nur das: innerhalb von sieben Tagen wurde die folgende Zahl von Fällen einer Neuerkrankung registriert; und zwar umgerechnet auf 10.000 Personen, damit man verschiedene Gebiete vergleichen kann. Es ist also keine absolute Zahl, sondern ein statistischer Wert. (Man kann aber auf der Ages-Website per Knopfdruck umschalten, damit man die absoluten Zahlen erfährt.)

Nicht Infektionen, Neuerkrankungen!
Das heißt, hinter diesen registrierten Fällen stehen naturgemäß mehr Kontakte und Infektionen, als die Behörde gerade notiert hat. Die momentane Tendenz läßt erwarten, daß Reglements uns bald wieder einengen werden. Anfang September lag der Bezirk Weiz immer noch knapp unter 100:
+) 07.09.21: 96,8 (Österreich: 130,0) | Bez. Weiz absolut: 88

Das hielt sich eine Weile passabel. Kürzlich waren wir noch unter 200, aber derzeit geht’s dahin:
+) 21.10.21: 196,9 (Österreich: 215,7) | Bez. Weiz absolut: 179
+) 22.10.21: 231,0 (Österreich: 228,5) | Bez. Weiz absolut: 210
+) 23.10.21: 232,1 (Österreich: 243,6) | Bez. Weiz absolut: 211
+) 24.10.21: 286,0 (Österreich: 260,3) | Bez. Weiz absolut: 260
+) 25.10.21: 309,1 (Österreich: 268,9) | Bez. Weiz absolut: 281
+) Meine Inzidenz-Listen

Man erinnere sich an letztes Frühjahr. Der Weizer Bezirkshauptmann ließ uns wissen, daß er den Bezirk dichtmachen werde, falls wir einige Zeit eine Inzidenz von über 400 haben. Am 09.03.21 fanden wir die Zahl 323,2 sehr beunruhigend. Dazu fehlt derzeit nicht mehr viel. Also: Ruhe bewahren, an weiterführenden Konzepten arbeiten, nächste Modi erproben!

— [The Long Distance Howl] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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