(Beiträge und Fragen zu einer nächsten Kulturpolitik)
Eines der Kunst Ost-Prinzipen lautete stets: „Wir zentralisieren nicht.“ Außerdem war ich sicher, daß laufende Arbeitsgespräche in realer sozialer Begegnung unverzichtbar sind. Das hieß folglich: regelmäßige Plenartreffen einer offenen Formation, aber nie am gleichen Ort, sondern auf Wanderschaft.
„Offen“ meint: dabei werden keine Türhüter installiert. Wer mitgehen und mitwirken will, ist dabei. Der Zugang regelt sich durch aktive Anwesenheit und adäquates Kommunikationsverhalten. Das wird mit detaillierten Protokollen begleitet. So kann man jederzeit wieder andocken, falls jemand einige Zeit weg war. Auch der Neueinstig wird so erleichtert.
Die Protokolle wurden im Internet deponiert, so daß man nicht erst fragen mußte, wenn man sich informieren und orientieren wollte. Man mußte auch niemanden fragen, ob man dabei sein darf. Man brachte sich ein. Punkt.
21. März 97
Es begann in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre. Meine „Konferenz der Provinz“ war „Eine offene Konferenz und kulturpolitische Arbeitsplattform“. Zum 21. März 97 hieß es: „Wir sind kein fixer Verband.“ Damals war der runde Tisch folgendermaßen besetzt:
A. M. O. K. (Anger, Ernst Kreimer) / Artikel VII Kulturverein (Radkersburg, Michael Petrowitsch) / Baustelle Schloß Lind (Neumarkt, Aramis) / Berufsverband bildender Künstler (Fürstenfeld, Franz Wieser) / Der Trichter (Fehring, Martin Honsel & Katja Krusche) / grenzgänge (Lafnitz, Wolfgang Brossmann) / kürbis (Wies, Wolfgang Pollanz) / Kulturklub Hainersdorf (Hainersdorf, keine Person genannt) / K. U. L. M. (Pischelsdorf, Richard Frankenberger) / Kultur-Kreis Pischelsdorf (Pischelsdorf, Richard Ludersdorfer) / Kulturkreis Schloß Burgau (Burgau, Siegfried Hammer) / Kulturkreis Süd-Süd (Fürstenfeld, Gerhard Veitsberger) / Virtuelle Akademie Nitscha (Nitscha, Martin Krusche). [Quelle]
Solche Felder verändern sich naturgemäß laufend. Es gibt eine ständige Fluktuation was Personen und Formationen betrifft. Die entwickeln sich teils entlang biographischer Linien. Andere Projekte tauchen mit verfügbaren Budgets auf und verschwinden wieder, wenn die Geldquelle versiegt. Etliche gibt es bis heute.
Eines war mir dabei immer wichtig: Selbstorganisation und Selbstverantwortung. Die Behörde mußte sich mit uns auf Augenhöhe einlassen. Ein wesentlicher kulturpolitischer Aspekt, auf den alle meine Konferenzen gezielt haben, galt dem Positionswechsel: Vom Subventionsempfänger zum Kooperationspartner.
Ich vertrete seit Jahren die Ansicht, daß nur wenige staatliche Zuwendungsformen unter den Begriff „Förderung“ gestellt werden können. Alles, was ich über Jahre an Projektbudgets akquirieren konnte, waren Kofinanzierungen, deren Bedingungen in Verträgen festgehalten wurden. Das sind Deals der Zivilgesellschaft mit dem Staat. Das sind Formen von Leistungsaustausch, in dem verschiedene Parteien in den Deal unterschiedliche Arten der Ressourcen einbringen.
Heute ergeben die Protokolle aus all den Jahren zugleich eine Evidenz vieler Kulturinitiativen, die den Lauf der Dinge mitgeprägt haben, wovon ein großer Teil längst wieder verschwunden ist. In den Protokollen kann man nachlesen, wer alles aktiv war…
— [The Long Distance Howl] —