Als ich mir jüngst noch ein Stück Impfdebatte (im „Hangar 7“) angehört habe, war im Pharmazeuten Hannes Loacker wieder ein Eiferer an zweierlei zu erkennen. Erstens fiel er Andersdenkenden oft ins Wort, mochte nicht abwarten, bis sie ihre Argumente vorgebracht hatten. Zweitens stellte er selbstreferentielle Behauptungen auf, um sein Verhalten zu legitimieren.
Seine Hauptkritik lautete, daß die Menschen nicht angemessen über die Nachteile und Defizite der Impfkampagnen informiert würden, daß wir über deren Langzeitfolgen nichts wüßten. Auch ein Agent der Blödheit müßte von sich aus erkennen, daß man in kurzer Zeit keinerlei Langzeiteffekte benennen könne. Ja, es gibt Nebenwirkungen. Es gibt nämlich kein Medikament ohne Nebenwirkungen. Das Wasser ist naß. Der Papst ist katholisch.
Vieles bleibt sehr wesentlich eine Frage des eigenen Wissensdurstes und der Bemühungen, die man zum Erkenntnisgewinn einsetzt. Genau! Wissenserwerb ist Arbeit. Dem gegenüber sehe ich inzwischen Legionen von Leuten, deren Motto offenbar lautet: „Tragt her, bis ich halt rufe!“
Wie also Loacker gerne behauptet, man würde uns nicht adäquat informieren, habe ich Regisseur Dietrich Brüggemann (#allesdichtmachen) inzwischen mehrfach behaupten gehört, sein Projekt sei darin begründet, daß uns Regierungen per Kampagnen klarmachen wollten, daß der Lockdown fein, nett und angenehm sei.
Beides trifft so nicht zu. Beide Männer hauen Scheinargumente raus, um ihren Positionen Gewicht zu verschaffen. Bei aller Kritikwürdigkeit dessen, was wir nun seit über einem Jahr durch unsere Politik und Verwaltung kennengelernt haben, bleibt genug an Eigenverantwortung der Menschen, die Wirkung zeigen sollte.
Ich sehe seit etlichen Monaten kein Problem darin, mich ausreichend zu informieren. Etliche Fragen bleiben immer noch offen. Ich erfahre nicht alles, was ich wissen möchte. Sind die Antworten nicht verfügbar? Finde ich bloß die Quelle nicht?
Wie in meinem Leben davor, so muß ich jetzt Gewißheiten und Unwägbares in Balance bringen. Das nimmt mir niemand ab. Ich berate mich gelegentlich mit anderen Menschen, die mir vertrauenswürdig erscheinen. Wenn unser Kanzler spricht, schalte ich ab, denn diesem Kerl traue ich keine fünf Meter weit.
Ich bin mehr denn je drauf angewiesen, daß ich die Quelle und die Qualität von Informationen beurteilen kann. Daher ignoriere ich Warner und Propheten, die plötzlich irgendwo aus einer Schachtel gesprungen sind.
Ich sehe in meiner Stadt mir bekannte Leute, die Merkblätter verteilen. Von diesen Leuten habe ich die letzten dreißig Jahre lang keine Spur im kulturellen und politischen Leben der Stadt entdeckt. Aber jetzt sind sie da und dienen mir Heilsversprechen an.
Auf meinem Kontinent heißt sowas Trittbrettfahrerei. Die Welt ist ein großer Stammtisch mit Unheilskündern und Ömpörten geworden. Unbewältigte Autoritätskonflikte, rebellische Attitüden, Wichtigtuerei und Sendungsbewußtsein blühen was das Zeug hält.
Es ist das gleiche Raunen, Flüstern und Andeuten, das Gezänk und Aufbauschen, aus dem einst auch der Faschismus erblühen könnte. Ich bleibe bei meinem Motto: Sag was der Fall ist oder halte die Fresse!
Wenn Einwände kommen, will ich sie überprüfen können. Also will ich die Quelle der Informationen erfahren, damit ich beides – Information und Quelle – bewerten kann. Die kann ich nur bewerten, wenn ich sie mit anderen Informationen und Quellen vergleichen kann.
Das macht Arbeit. Dafür brauche ich Zeit und Denkvermögen. Dazu sehe ich nur eine Alternative, nämlich „Alternative Facts“. Sowas hatten wir eben. Es war die Stunde der Gaukler und Betrüger.
— [Kontext Covid-19] —