Boulevard oder was!

„Wie nehmen mir ihm denn?“
(Hans Moser in „Hallo Dienstmann“)

Die Aktion #allesdichtmachen wurde als eine Serie von Videoclips publiziert. Kleine Statements, die als Satire angelegt waren, um vor allem den behördlichen Umgang mit der Pandemie zu kritisieren.

Das ist Boulevard, mehr nicht. (Quelle: Die Presse)

Wir wissen nach über einem Jahr einschlägiger Praxis, daß viele Funktionstragende aus Politik und Verwaltung abenteuerlich geschludert haben, manche sogar am Rande krimineller Machenschaften. Das gilt für Österreich wie für Deutschland. Die Listen der Fehlleistungen sind lang, sind evident, werden ständig herumgereicht. Es mangelt nicht an Belegen.

Zu diesem Aspekt der Aktion wüßte ich nichts Frisches beizutragen und die Summe der via #allesdichtmachen angebotenen Statements empfinde ich nun (im April 2021) als Informationen der Kategorie „Das Wasser ist naß und der Papst ist katholisch“. So eine „Ja eh-Fontäne“.

Gut. Würde ich 15 bis 20 Euro rausrücken, um mir das hier dargebotene live auf einer Bühne anzuhören? Nein! Auf keinen Fall. Ich hab über die Aktion eine Glosse verfaßt, bei der ich nicht auf die Pointen zu den erwähnten Fehlleistungen eingehe. (Das mag gut gemeint sein, es hebt einfach nicht ab.)

In „Alle noch ganz dicht?“ widme ich mich den künstlerischen Aspekten des Projektes. Ich gehe auf die Qualität etlicher Texte ein und auf die schauspielerische Performance. Der Befund: da hatte meine Branche offenbar einen künstlerischen Schwächeanfall. Siehe: [Link]

Wer ist der Teschek und warum?

Die Aktion und das, was sie ausgelöst hat, macht eine weiterführende Debatte dringend nötig. Allein der offenbar bedenkenlose Marsch mitten in den Applaus rechter und rechtsradikaler Kräfte ist meiner Meinung nach nicht dem Thema geschuldet, sondern der Schwäche von Texten, Konzeption und Performances.

Laut „Die Presse“ hat Initiator und Regisseur Dietrich Brüggemann, die Reaktionen auf dieses Projekt mit der Zuschreibung „faschistoid“ abgetan. Ein weiterer Beleg für die konzeptionelle Schwäche das ganzen Unternehmens, denn was genau soll das sein „faschistoid“? Ich halte das für Boulevard.

Wir, des Kunstvölkchen, haben nun Klärungsbedarf. Diese Aktion ist nicht der Grund dafür, aber ein passender Anlaß. Wer „Wir“? Leute aus der Wissens- und Kulturarbeit, aus der Kunstpraxis. Was ich nun zum Beispiel geklärt sehen möchte:
+) Was unterscheidet Boulevard von intellektueller Selbstachtung?
+) Was macht einen Unterschied zwischen Kritik und Denunziation?

In diesem Zusammenhang halte ich für meine Position fest: Die Freiheit der Kunst kennt keine Grenzen und natürlich auch keine Denkverbote. Aber die Freiheit der Kunst ist kein Synonym für eine Freiheit der Künstlerinnen und Künstler. In dieser Frage betreten wir ein anderes Terrain. Ich stütze mich auf die Freiheit der Kunst und stelle mich den Konsequenzen ihrer Ausübung.

+) Meine Nozizen zum Thema

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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