Jahre und Zahlenspiele XIV

Torpedo torpedo: der Lähmende

Etliche Luftschiffe, deren Form halbwegs schlicht blieb, sind metaphorisch als Zigarre bezeichnet worden. Frühe Motorradtanks machten auch solchen Eindruck. Aus dem Seekrieg kannte man derartig gespitzte Zylinder als Torpedo.

Torpedo torpedo aus der Historiae animalium (16. Jahrhundert).

Das Wort ist von einer Fischart abgeleitet, wurde diesen Tieren schon in der Antike zugeschrieben. Der gefleckte Zitterrochen (Torpedo torpedo) kann seine Beute mit Stromschlägen betäuben. Daher der Name, denn das lateinische Wort „torpere“ bedeutet erstarrt, bewegungslos oder auch gelähmt sein.

Der Fisch sieht freilich nicht wie ein Projektil, sondern eher wie ein Raumschiff aus der Star Trek-Saga aus. Diverse Torpedos zu Wasser, zu Land und in der Luft sind außerdem nicht dem Erstarren gewidmet, sondern dessen Gegenteil. Da haben sich also Begriff und Form vom Ursprung des Wortes gründlich abgelöst.

Diesen russischen Torpedo (TR-53-VA) habe ich im Panzermuseum von Pivka entdeckt.

Das war beim Doppelphaeton mit seinen zwei Sitzreihen bald eine übliche Bezeichnung, während die offenen Zweisitzer vielfach Roadster genannt werden. Das Publikum sah die Torpedo-Karosserie natürlich sehr häufig bei Autorennen und bei Wertungsfahrten wie der „Prinz Heinrich-Fahrt“ oder bei der „Alpenfahrt“.

Der Zeppelin „Sachsen“ in der Kronen Zeitung vom 11.6.1913.

Was nun die Automobilkarosserien angeht, hab ich schon erwähnt: das Einebnen von Stufen über die Einführung der durchgängigen Gürtellinie brachte ein offenes Auto-Design hervor, das Torpedo genannt wird. So verschwand vor allem in der Linienführung die optische Trennung zwischen Motor- und Fahrgastraum über den markanten Knick. Siehe: Vom Tablett zum Torpedo!

Ich habe zwei naheliegende Beispiele herausgegriffen, die das veranschaulichen. Der Steyr II (1920–1924) von Konstrukteur Hans Ledwinka. Ein repräsentativer Sechszylinder-Wagen, mit dem die PKW-Produktion in der bedeutenden Waffenschmiede begann, also die Fertigung dort auf Friedenszeiten ausgerichtet wurde. Diese Version hat den ab ungefähr 1920 so populären Spitzkühler.

Der Steyr II in der AAZ vom 21.6.1921.

Karl Kraus ätzte im Heft 1 der „Fackel“ von 1924: „Kein Zweifel, all die vielfältigen Kühlerspitzen der vierrädrigen Gesellschaft werden sich im Bereiche des Lusthauses Stelldichein geben. Die Steyr-Sport, die Daimlersix, die Nobel-Gräf, die Puch und dann die ungezählten anderen, die, den Frauen von heute nachgeraten, grundsätzlich flach auf der Kühlerbrust zur Welt kommen. Auch die Rolls Royce ist mit dabei; die Milliarde auf Rädern, der »beste und teuerste« Wagen der Welt, das Par excellence-Fahrzeug. Dann der »einfach süße« Amilcar, der schmucke Salmson, die blau-graue Perle, von jeder Frau begehrt.“

Puch Alpenwagen VIII mit 14/38 PS in der AAZ vom 1.4.1923.

Vom Puch Alpenwagen VIII sind nur wenige Exemplare erhalten, eines davon steht bei Magna Steyr in Graz. Von der Dimension und Linienführung her sieht dieses Fahrzeug dem Steyr IV ähnlich. Das war ein Schritt zu kompakteren, preiswerteren Automobilen, mit denen Österreichsi Industrie Marktanteile gewinnen wollte.

Der 1949er Tucker Torpedo in der amerikanischen Patentschrift.

Schließlich ein untypisches Beispiel aus dem Jahr 1948/49. Preston Tucker schuf ein legendäres Automobil, mit dem er wurtschaftlich fulminant unterging.Ein Fahrzeug, das nach vielstimmiger Meinung seiner Zeit markant voraus war. Von den einst 51 Einheiten des Tucker Torpedo aus jenen Tagen sind 49 erhalten geblieben. [Vorlauf] [Fortsetzung]

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Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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