Howl: Jahr 18, fünf

Kunst und Handwerk

Wenn wir keine Begriffe haben, wissen wir nicht, worüber wir reden. Ich trag das wir ein Mantra mit mir. Man könnte annehmen: weil ich Autor bin. Aber es ist prinzipiell wichtig, denn Kulturpolitik wäre pures Karaoke, wenn wir nicht laufend neu klären wollten, wovon so ein politische Gebiet handelt.

Fredi Thaler in seiner Werkstatt

Über die Jahre hat sich bei Kunst Ost dieser Themenschwerpunkt herauskristallisiert: Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst. In der regionalen Wissens- und Kulturarbeit sind diese Felder miteinander verwoben und von Surrogaten durchsetzt.

Das würde gelegentlich die Frage „Was tust du da?“ nahelegen. Meine subjektive Wahrnehmung besagt: spätestens seit 2014/2015 wurden die Debatten über all das in meiner Region konsequent runtergefahren.

Das ist kein Zufall. Das hat regionalpolitische Motive. Dem dient eine Diffusion, welche jüngst im Lockdown zur Corona-Pandemie in ein bemerkenswertes Schweigen gekippt ist. Dabei hätte ich angenommen, daß das Gegenteil passiert, daß diese interessante Krise den kulturpolitischen Diskurs belebt, mehr noch, als unverzichtbar zunehmen läßt.

Nichts! Ich konstatiere: Schweigen in den Kulturreferaten der Region. Schweigen der Kunst- und Kulturschaffenden.

Also aktuell der Fokus auf Zusammenhänge von Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst. Dem war ein anderes Themenbündel vorangegangen: Alltagskultur, Voluntary Arts, Kunsthandwerk und Gegenwartskunst.

Das bezog sich auf die Arbeitssituation vor rund einem Jahrzehnt, um zu klären, welche Kräfte in der Region wirken. Zum Stichwort Voluntary Arts siehe die erläuternde Notiz: (Link)

Über die Jahre wurde sehr deutlich, daß der Begriff Volkskultur bei uns vollkommen beliebig besetzt wird, was Klärungsbedarf aufwirft. (Mit dem Begriff Kunst wird ähnlich beliebig verfahren.) Dagegen kommt das Genre Volkskultur in der technischen Welt so gut wir gar nicht vor.

Niki Passath

Den Angelpunkt dieser Genres bildet das Thema Handwerk, was auch Teile der Gegenwartskunst anrührt. Was aber ist Handwerk, womöglich traditionelles Handwerk und wohin weist dabei der Begriff Kunsthandwerk?

Ich hab das über zwei Ebenen bearbeitet. Einerseits meine viele Jahre der konkreten Begegnungen und Auseinandersetzung mit Arbeitern aus den historischen Pochwerken. Andrerseits über die symbolische Ebene mit der Idee von einer Ehre des Handwerks.

Ich bekam dann erst durch die Begegnung mit Kulturerbe-Fachfrau Maria Walcher eine klare Orientierung. Das war 2017, als jene UNESCO-Studie erschien, zu der sie beigetragen hatte. Heidrun Bichler-Ripfel, Roman Sandgruber und Maria Walcher: Traditionelles Handwerk als immaterielles Kulturerbe und Wirtschaftsfaktor in Österreich.

— [Stadt-Land] —

Post Scriptum
Hier einige Quellenangaben, die illustrieren, wie sich in den letzten Jahren der aktuelle Fokus (Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst) herauskristallisiert hat:

+) KW 23/2016: Handwerk, Ethos, Kultur
Die Frage „Was ist traditionelles Handwerk?“ sei bisher alles andere als geklärt gewesen, es fehle auch an wissenschaftlichen Arbeiten dazu. Walcher sagte: „Handwerk ist komplett und untrennbar mit dem Meister verbunden.“

+) KW 52/2016: Mensch und Maschine (Ein kulturelles Vorhaben)
+) KW 52/2016: Altes Handwerk II
+) KW 2/2017: Die Reisen des Herren Tocqueville (Ein Beitrag zum Projekt Mensch und Maschine)
+) KW 8/2018: Volkskultur: Etwas Unschärfe als nächste Klarheit (Ein kleiner Rückblick auf die letzten 60 Jahre)
+) KW 9/2018: Die Ehre des Handwerks (Ein Blick auf die nächsten Umbrüche des Metiers)

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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