Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov hat als versierte Technikerin einen sehr lebhaften Zugang zu Fragen klarer Verhältnisse und gesicherter Funktionen. Apropos! Der Begriff „Functional Safety“, also: funktionale Sicherheit, bezeichnet ein eigenes Genre in der Entwicklung von Systemen.
Es gab schon einige Kunst Ost-Akzente, die diesem Thema gewidmet waren. Zum Beispiel 2016. Peitler-Selakov hat dabei verschiedene Denkkonzepte verknüpft, um herauszufinden, ob dabei etwas sichtbar wird, das vorher nicht offenkundig wurde.
Etwa über folgende Frage: „Können wir sagen, was Risken für a) die Kunst/Kunstwerke, b) die Menschen/Gesellschaft und c) die Künstler als Produzenten sind. Welche Gesellschaft ist gemeint? Sollen oder müssen wir gendern? Haben sich hier nun ‚Korrektive Aktionen‘ konstituiert?“ So notiert in „Kunst und funktionale Sicherheit“.
Im Jahr 2019 hat Peitler-Selakov sich unter anderem mit einige Überlegungen des Soziologen John Law befaßt, einem Exponenten der „Akteur-Netzwerk-Theorie“ (ANT: englisch Actor-Network Theory), welche der Vorstellung von vernetzten Gesellschaften gewidmet ist.
Da heißt es zum Beispiel: „We are in the business of creating links, of making them, of bringing them more or less successfully into being. Which means in turn that we are no longer trying to find good ways of narrating and describing something that was already there. Instead, or in addition, we are in the business of ontology.“ [Quelle]
Das hat übrigens ein Stück Vorgeschichte in der Themenleiste „KWW: Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft“, mit der bei Kunst über Jahre immer wieder Akzente gesetzt wurden, um Menschen mit ihren Kompetenzen in jeweils andere Genres zu begleiten. (Die erste KWW-Session fand am 18. November 2011 auf Schloss Hainfeld statt.)
Aber zurück zur Gegenwart. Seit der erwähnten ersten KWW-Session sind nun rund acht Jahre vergangen. Derweil hat es in der Technik und in der Kultur eine Menge Bewegungen ergeben, die neue Fragen aufwerfen. Noch einmal John Law: „We are in the business of making our objects of study. Of making realities, and the connections between those realities. Of making the realities that we describe. Of trying to find good ways of interacting with our objects, ways that are sustainable, ways that make it possible to link with them.“
Nun befaßt sich Peitler-Selakov auf aktuellem Stand mit der Idee, Proponenten aus der Kunst, Technik, Bildung und Wissenschaft „durch ihre Inkompetenzen in für sie fremden Felder zu verbinden“. Das mag irritierend klingen, verweist aber auf den allgemein erfahrbaren Umstand, daß wir uns längst ein Ausmaß an Wissen erarbeitet und zugänglich gemacht haben, das in keinem Fachbereich mehr von einzelnen Personen erfaßt und souverän gehandhabt werden kann.
Daraus hat die Kuratorin ein Vorhaben mit dem Titel „Geteilten Inkompetenzen“ abgeleitet. In der zweiten Hälfte von 2019 haben Arbeitsgespräche mit versierten Personen stattgefunden, die für so ein Projekt auf interessante Art in Wechselwirkung kommen könnten.