Ich nehme zur Kenntnis, daß in meinem Umfeld wesentliche Kommunikationslinien heute über WhatsApp laufen. Also bin ich nun dabei. Im Augenblick denke ich darüber nach, welche alten Kommunikationskanäle ich in meiner Ausstattung nun schließen sollte. Ich hab keine Lust, mich in immer mehr offene Leitungen zu verstricken.
So bereite ich derzeit die Liquidierung des kultur.at – verein für medienkultur vor. Der wurde am 27.01.2003 gegründet und wurzelt in einem Online-Projekt aus dem Jahr 2000, den Salon [house] über das fremde und die peripherie. (In den Internet-Kategorien sind 20 Jahre eine enorme Zeitspanne.)
Mein Basislager im Web bleiben die van-site und die Filiale Kunst Ost. Ich halte vorerst aus Gewohnheit an Facebook fest, führe weiter eine kleine Twitter-Leiste für das Austria-Forum und werde darüber hinaus weitere Konzentrationsschritte bedenken. Es wäre Unfug, immer mehr Pforten ins Web zu öffnen, ohne alte Bestände zu prüfen und sich gegenüber einigen Kanälen zu verschließen.
Wir erfahren viel zu viel und finden nur schwer Zeit, um aus Informationen Wissen zu destillieren. Bliebe noch Unterhaltung, zu der ich kein Wissen brauche, weil sie mir bloß die Zeit vertreiben soll… von der ich inzwischen zu wenig für die Online-Welten hab, weil es ja auch sonst noch ein Leben gibt.
Das sind mir zwei wichtige Optionen: Wissenserwerb (der anstrengende Arbeit ist) und Zeitvertreib (der mir Erholung von Mühen bringen soll). Beides muß ausreichend große Nischen für ein übriges Leben lassen.
Daraus folgt ferner, daß sich nicht jeder Schmarren, der via Web in meiner Hütte anbrandet, für meine Empörung eignet. Ich hab nicht einmal Kraft und Laune, mich über alle relevanten Mißstände zu empören, von den ich täglich erfahre. Ich bin keineswegs bereit, auf alles einzugehen, was jemand zu Recht für wichtig erklärt.
Ich bekäme sieben Tage die Woche jeweils 24 Stunden lang Nachrichten aufgedrängt, würde ich darauf verzichten, die Smartphone-Funktion „Mobile Daten“ bloß nach Bedarf einzuschalten. Egal, wie groß man nun die Quote von relevanten Mißständen ansetzt, welche im Kontrast zu Datenschritt stünde, es wäre allemal zu viel, zu viel, zu viel.
Das ergibt dann auch die Brutstätte von Whataboutism. Egal, was ich beachte, behandle, betone, andauernd meldet sich wer, um mich wissen zu lassen: Dies hast du nicht bedacht. Das hast du nicht einbezogen. Jenes wäre noch zu erwähnen. („What about this an that?“)
So entstehen vollkommen schwachsinnige Kommunikationssituationen, in denen niemand mehr die Welt erkunden kann, sondern bloß noch Zeit totgeschlagen wird. Wer auch immer das für eine akzeptable Mediensituation hält, ich will in meinen Verstand nicht mehr hineinschieben, als er verarbeiten kann. Die Grenzen sind zwar in Bewegung, aber vorhanden.
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