Eine so dichte Serie von Wahlen und daher Wahlkämpfen läßt Eigenschaften von Menschen sehr deutlich werden. Das hat auch im Schlechten seine guten Seiten, weil es bei der Orientierung hilft. Welchen Haltungen möchte ich mich anschließen? Von welchen Positionen würde ich mich gerne absetzen? Ist nicht da, wo ich stehe, alles richtig, und soll sich daher gefälligst die Welt ändern?
Es scheint mir deutlich, daß in diesem Land das Scheitern geliebt wird. Das Scheitern der anderen. Dabei feiern sich die Untertanen in uns, denen man über viele Generationen beigebracht hat, daß nur der Fürst Ansprüche auf Wohlergehen vorbringen und durchsetzen darf. Selbst wenn es einem gut geht, klingt in den Herzen: „Das werden wir noch büßen.“
Dieser November 2019 ist ja eigentlich eine bemerkenswerte Lektion in Sachen Demokratie. Erst war die ÖVP gleich der SPÖ sowohl inhaltlich wie auch wirtschaftlich an einen Rand ihrer Möglichkeiten gekommen, eher schon am Ende. Das konnte man in Deutschland ähnlich sehen. Das reflektiert den politischen Zustand Europas.
Dann gelang ein gewaltiger Coup, in dem zwei Parteien die Gesetze brachen und das Wahlkampfkosten-Limit um Millionenbeträge überschritten. Wir leben längst in einer Informationsgesellschaft. Gesellschaftliche Realität wird durch Medienanwendung hergestellt. Es ist also klar, wozu dieser illegale Geldeinsatz genutzt wurde. (Es erstaunt mich heute noch, daß das nicht als Wahlbetrug gewertet wurde.)
Dieser Coup brachte ÖVP und FPPÖ in eine Regierungskoalition. Das leitete eine Phase ein, in der es zu erstaunlichen, teils spektakulären Malversationen kam, über die uns die Geschichtsschreibung später noch genauer Auskunft geben wird.
Diese Regierung scheiterte fulminant und bescherte uns ein dröhnendes Konzert gegenseitiger Beschuldigungen. Daß die Regierungsangelegenheiten dabei oft auf das Niveau von Bassena-Streitereien absanken, machte deutlich, mit wem wir es aktuell zu tun hatten.
Nun zeichnet sich nach der Neuwahl eine Koalition zwischen ÖVP und Grünen ab, was Chöre erklingen läßt, die von Verrat und vom Untergang Österreichs tönen. All das geschieht, während wir ein Weilchen davor zwei Wahlgänge gebraucht haben, um eine Bundespräsidenten zu erhalten. Nun stehen in der Steiermark Landtagswahlen bevor und kommenden März haben wir Gemeinderatswahlen.
Mir ist schleierhaft, wie Bürgermeister kleinen Gemeinden unter diesen Bedingungen noch ihre Alltagsarbeit schaffen. Ich bestaune, was an Pessimismus und Abschätzigkeit erklingt, wo Menschen ihren Herzen derzeit Luft machen.
Wir DÜRFEN wählen. Welche Länder kann man noch nennen, in denen Sicherheit, Freiheit und Wohlstand auf gleich hohem Niveau GESICHERT sind? Aber viele meiner Leute klagen, lästern, lassen ihren Abschätzigkeiten freien Lauf, scheuen überdies nicht vor offener Menschenverachtung zurück. Wie man es auch dreht, wem nicht genügt, was wir derzeit haben, der hat ein ernstes Problem.