Als Hoppala bezeichnet man in Österreich einen kleine Ausrutscher, eine eher harmlose Fehlleistung, die geeignet ist, Menschen zu unterhalten. Dem war zum Beispiel in den 1980er Jahren eine ganze Sendereihe gewidmet, die der populäre Peter Rapp moderiert hat.
Sprache schafft persönliche und gesellschaftliche Realität. Wir entscheiden, ob sie verbirgt oder offenlegt. Unsere Wortwahl bestimmt unser Denken ganz wesentlich. Jeder Text hat Kontext und Subtext. Dabei hat Literatur ganz andere Funktionen als PR (Public Relations) oder gar Propaganda. Bei einer Literaturveranstaltung sollten diese Kategorien nicht durcheinanderkommen.
Die Kleine Zeitung titelte am 2. Juli 2019: „Hoppala wurde aufgeklärt“. Das ist amüsant, weil die „Aufklärung“ dezent verhüllt, was eigentlich geschehen war. Nämlich eine Zumutung, die etwas größer als ein gängiges Hoppala ausfiel.
Der Bericht schildert, man habe in Markt Hartmannsdorf erst während der großen Abschlußveranstaltung des Literaturwettbewerbes „Wortschatz“ bemerkt, daß Preisträgerin Irmgard Eixelberger versehentlich nicht eingeladen worden sei. Im nachhinein hätte man die Sache aufgeklärt und werde ihr eine „Trophäe“ in würdiger Form überreichen.
Ich möchte annehmen, Eixelberger hat einen Preis gewonnen, während eine Trophäe eher in den Bereich von Jagdbeute gehört. Wo gejagt wird, gibt es eine Strecke des Erlegten. Egal! Beim Festakt war ohnehin etwas anderes geschehen.
Herta Niederl-Lehmann, die vor allem als Exponentin der japanischen Kunstform Ikebana bekannt ist, staunte, daß ihre Geschichte, als sie dem Publikum vorgelesen wurde, nicht ihre Geschichte war. Da wurde ein ganz anderer Text zu hören. Gut, manchmal geht was schief, Dinge werden verwechselt. In solchen Fällen ist gewöhnlich der Boss gefordert, die Angelegenheit zu regeln. Statt dessen blieb Niederl-Lehmann der unangenehmen Situation vor Publikum ausgesetzt.
Ein Gast, der Unternehmer Ewald Ulrich, erzählte, man habe sie erst einmal wie bestellt und nicht abgeholt sitzengelassen, es hätte auch noch abschätzige Worte zu ihrem Text gegeben. Schließlich habe wenigstens Peter Simonischek das Set professionell zu Ende gebracht.
Weder bei der Veranstaltung, noch hinterher fand es jemand der Mühe wert, sich bei der Künstlerin mit Worten des Bedauerns einzustellen. Sie schrieb am 2.7.2019: „Es gab von seiten des Verantwortlichen keine Entschuldigung oder Erklärung.“
Der Kulturbetrieb zeigt seit Jahren eine Tendenz, Kunst und Kultur zu Dienstboten des Marketings zu machen. Daher klappt es ja auch mit der Öffentlichkeitsarbeit, wo etwa beim Pressegespräch in „Sonni’s Garten“ lokale Honoratioren sich mit überregionaler Prominenz zeigten.
Siehe dazu das anschaulich Foto mit Jurorin Christa Sonnleitner, Gleisdorfs Bürgermeister Christoph Stark, dem Schauspielerehepaar Brigitte Karner und Peter Simonischek, dem Markt Hartmannsdorfer Bürgermeister Otmar Hiebaum und Boss Werner Sonnleitner. (LINK)
Die Honoratioren haben also ihre PR bekommen, der Text verrät: „Organisator Werner Sonnleitner freut sich besonders, dass die Anzahl der Teilnehmer stetig mehr wird.“ Es ist ja klar, daß regionales Kulturgeschehen immer auch wichtige soziale Funktionen hat und daher die Berichterstattung ausreichend den Bemühungen der Funktionstragenden gewidmet sein möge.
Aber seit geraumer Zeit zeigt sich deutlich, daß am Umgang mit Kunstschaffenden Verbesserungen möglich wären. Die primären Kräfte des Kunstgeschehens sollten sich nicht gar zu sehr als Teil einer Statisterie fühlen müssen.
Immerhin ist das, historische gesehen, nach Jäger und Sammler einer der ältesten Berufe, von dem wir Kenntnis haben. Kunstschaffen darf daher als ein zentrales, womöglich konstituierendes Element von menschlicher Gemeinschaft angesehen werden.
+) Fortsetzung: „Omertà„