Kennen Sie diesen Auszählreim? Kaiser, König, Edelmann, Bürger, Bauer, Bettelmann… In der klaren Hierarchie einer ständischen Gesellschaft mußten schon Kinder lernen, wo sie im gesellschaftlichen Gefüge hingehören, was standesgemäß sei.
Wir haben das Jahr 2019. Vor hundert Jahren war das Gottesgnadentum erledigt und Österreich erstmals eine Republik, nachdem die Habsburger höchstselbst ihr Imperium in die Tonne getreten hatten.
Das war davor keiner Revolution gelungen, wobei wir ohnehin bloß auf jene von 1848 verweisen könnten. Ein Revolutiönchen, in das Aristokraten wie der Graf Radetzky von Radetz oder der kroatische Ban Jelacic von Bužim flott reingefahren sind, um derlei Unbotmäßigkeiten abzustellen. Es waren ja in etlichen Ecken der Monarchie Aufständische in Schranken zu weisen.
Johann Baptist Björn Gudenus, genannt Joschi, der eben als Schlüsselperson des Ibizagate aufgeflogen ist und damit unterging, entstammt den damals noch eher unausgegorenen Teilen jener Aristokratie. Seine Vorfahren waren 1907 von Kaiser Franz Josef in den Grafenstand erhoben worden.
Mit einem Staatsgesetzblatt von 1919 (StGBl. Nr. 237) gingen die Adelstitel in Österreich flöten. Eine bescheidene Sanktion für den exorbitanten Schaden, der auf das Konto dieser Aristokratie ging. Manche Menschen aus diesen Milieus reklamieren noch heute besondere moralische Autorität und sachliche Kompetenz für sich. Da muß man nicht erst an Namen wie Mensdorff-Pouilly denken. (Natürlich verbeugen wir uns gerne vor singulärer Exzellenz, falls sie wo auftritt.)
Joschis Vater, John Baptist Carl Gudenus, ein Mann von soldatischer Tugend, Oberst des Bundesheeres und Politiker, überdies in Sachen Holocaust seiner Privatmythologie unverbrüchlich anhängend, muß ihm beigebracht haben, was mit „Mannhaftigkeit“ gemeint sein mag. Das sieht man sofort.
Im Ibiza-Video zeigt Joschi sich im Schusswaffengebrauch versiert. Er demonstriert, allerdings etwas überzogen, den Modern Isosceles. Das ist eine beidhändig geführte Anschlagsart mit der Pistole, gemäß einer aktuell vorherrschenden Lehrmeinung im praxisorientierten Schusswaffeneinsatz.
Inzwischen ist diese Mannhaftigkeit allerdings verweht. Wenn man bedenkt, daß er seine südslawische Tatjana in Banja Luka geheiratet hat, also in der Republik Srpska, einem Teil von Bosnien und Herzegowina, ist man fast gerührt, denn das sind die vormals osmanischen Provinzen, mit denen Franz Josef die Kolonialisierung des Balkans in Angriff genommen hatte.
Dort könnte sich Gudenus heute vermutlich nicht mehr hervortun. So weit ich Balkan Boys dieser Region kennengelernt habe, würde man in solchen Kreisen die weinerliche Art, mit der sich Joschi nun exponiert, nicht einmal mehr verachten. Laut Der Standard sieht er sich als „willkommenes und willfähriges Opfer“, das mit bewußtseinstrübenden Substanzen (K.o.-Tropfen etc.) gefügig gemacht worden sei.
Gefügig gemacht! Mit Tropfen! So bricht Mannhaftigkeit unter Tränen zusammen und rutscht auf Knien nachhause. Das geht schon bei uns nicht, in der Republika Srpska aber ganz und gar nicht. Dovidjenja! (Hat da grade wer „Glupi konj!“ gebrummt?)