Als der Große Krieg 1918 geendet hatte, hinterließ er Europa unter anderem einen entsetzlichen Eindruck, welche Traumata sich aus der vertieften und verfeinerten Koexistenz mit den aktuellen Maschinen ergeben konnten. Dieser hoch technisierte Krieg hatte mit seinen Effekten selbst die Profis im Kriegshandwerk völlig überrascht und tief erschüttert. Kein Feldherr verfügte über eine realistische Vorstellung von den Wirkungen der neuen Waffensysteme.
Auf diesen Schrecken reagierte in der Kunst zum Beispiel Dada mit Gestammel. Andrerseits widmete sich der Futurismus den Optionen einer haltlosen Maschinenverliebtheit. Kaum überraschend, daß sich die Futuristen bald darauf als mit dem Faschismus höchst kompatibel erwiesen. Dadaismus fiel unter „Entartete Kunst“.
In der Frage nach einigen Zusammenhängen zwischen Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst ergeben die letzten hundert Jahre ein sehr aufschlußreiches Zeitfenster. Die fortschreitende Maschinisierung vieler Lebensbereich und die Kodifizierung der menschlichen Erfahrungen mit Maschinen eröffnet uns dabei wichtige Arbeitsfelder.
Zur Erinnerung: Ich gehe davon aus, daß definitiv jeder Mensch spirituelle und kulturelle Bedürfnisse hat. Ich nehme an, es muß einem vollkommen freistehen, wie man diese Bedürfnisse (aus-) lebt.
Daraus ergibt sich für mich ein wesentlicher Aspekt von Volkskultur; daß sie nämlich eine Kulturpraxis ist, die nicht durch Zurufe von oben oder außen geregelt wird. Genau dieser Bereich von Volkskultur interessiert mich im Kontrast zu jenen Formen, welche von Traditionsschützern geleitet und von Institutionen verwaltet werden.
Was nun speziell eine Volkskultur in der technischen Welt angeht, mußten in Europa erst einmal die 1950er Jahre enden, um beispielsweise breiteren Kreisen der Bevölkerung preiswerte Kraftfahrzeuge anzubieten, die sich als Medien für diesen Kultursektor eignen. In Amerika geschah das früher. Ein paar Überlegungen dazu findet man in „Donnergrollen als Vergnügen“ (Customizing und Hot Rodding).
Ich verwende heute allerdings lieber die Formulierung Kulturarbeit in der technischen Welt, weil ich keine Laune habe, mich an den sporadisch auftauchenden Widerständen abzuarbeiten, die sich bei der gedanklichen Kombination von Volkskultur und Technik ergeben.
Nun bin ich einigen graphischen Mustern nachgegangen, die sich von der Maschinerie des Ersten Weltkriegs herleiten lassen. Taktische Zeichen an Fahrzeugen, Tarnkonzepte und vor allem die Bemalungsarten von Jagdflugzeugen ergeben interessante Quellen.
Sie zeigen Elemente, wie wir sie auch heute noch im Automobilismus finden können. Siehe dazu den Aufsatz „Lackierte Kampfhunde“ (Jagdgeschwader in Bodennähe und ihre Dekors).
Ein sehr markantes Feld ist dabei die Lozenge Camouflage, der Buntfarbenaufdruck zu Tarnzwecken, wie ich ihn vor allem an Flugzeugen finde. An Schiffen versuchte man mit Dazzle Camouflage eine Positionsbestimmung zu erschweren, was im, günstigsten Fall die Treffsicherheit der Torpedos herabsetzte. (Es war üblich, Künstler als „Camoufleurs“ zu engagieren, um solche Tarnmuster zu erzeugen.)
Heute finde ich all diese Arten der Paint Jobs im Motorsport und in subkulturellen Nischen, wo Fahrzeuge modifiziert, individualisiert werden. Das heißt natürlich auch, die entsprechenden Assoziationen und vor allem Helden-Posen werden dabei in das zivile Leben übertragen. Codes. Zeichensysteme. Wir müssen uns das bezüglich der Schnittpunkte und Überlappungen noch genauer ansehen.