Die Kulturinitiative Fokus Freiberg war Projektträgerin von „Volkskultur 4.0: Eine Positionsbestimmung“, einem mit EU-Mitteln kofinanziertes Unterfangen. Dabei hatten Bürgermeister Peter Moser (auf dem Foto links) und Unternehmer Ewald Ulrich die Verantwortung für die Tragfähigkeit dieses Projektes übernommen.
Künstler Winfried Lehmann (Mitte) ist der Programmverantwortliche des alljährlich stattfindenden „Aprilfestival“, das schon geraume Zeit auf Schloß Freiberg konzentriert bleibt.
Somit ergibt sich dort ein Brennpunkt von Aktion und Reflexion. Das Thema Volkskultur hat natürlich Dimensionen, die darüber weit hinausreichen. In den nun letzten Tagen des auf sechs Monate angelegten Projektes wird gut sichtbar, wie sich die Arbeit an diesem Thema ausdifferenziert hat.
Das bedeutet, es ist inzwischen ein weitreichenderer Personenkreis mit Teilen dieser Thematik befaßt. Daraus wird sich eine fortlaufende Kontinuität ergeben. Drei Themenschwerpunkte sind jetzt schon absehbar:
a) Klein- und Flurdenkmäler: Unsere Kulturlandschaft
b) Volkskultur in der technischen Welt
c) Mensch und Maschine als kulturelles Phänomen in Wechselwirkung
Zu a) Klein- und Flurdenkmäler: Da kooperieren Kultur.at und KBS: KulturBüro Stainz in einer längerfristugen Erhebung
Zu b) Volkskultur in der technischen Welt: Da ist heuer wieder rund um die Veranstaltung „Mythos Puch“ eine komplexe Koopertationssituation angelegt.
Zu c) Mensch und Maschine: Hier haben der Wissenschafter Hermann Maurer und der Künstler Martin Krusche eine große Themenstellung in Angriff genommen: „Die Symbiose Mensch-Maschine bei technischen Entwicklungen in der Steiermark, als Teil der Volkskultur und als Motiv der Gegenwartskunst, mit Ausblick auf die Vierte Industrielle Revolution“.
Dabei arbeitet Winfried Lehmann inzwischen schon an der inhaltlichen Entwicklung des Aprilfestival 2018 und berührt dabei eine Themenstellung, die heuer noch im 2017er Kunstsymposion zum Tragen kommt: Volkskultur | Popkultur | Gegenwartskunst.
Aber zurück zum genannten Projektthema. Dieses halbe Jahr, inklusive der Vorlaufzeit gut eines weiteren halben Jahres, hat über sehr verschiedene Arbeitsschritte zu einigen Klarheiten geführt, die uns den Umgang mit diesem Genre, seinen Varianten und seinen Derivaten erleichtert.
Das wir in der Dokumentation mehrerer Texte bedürfen und in diesem Sinn auch über verschiedene Kanäle in nächste Arbeitsschritte münden. Das Aprilfestival 2017 war quasi der Angelpunkt in der Mitte der Projektlaufzeit. Es war in eine dichte Serie von Arbeitstreffen und Debatten eingebettet.
All das wurde mit einer intensiven Literaturrecherche hinterlegt, um Anregungen zu beziehen und Annahmen zu überprüfen. Es gibt sehr gute Gründe den näheren Untersuchungszeitraum mit den Englandreisen (1815/16) des Erzherzog Johann von Österreich zu beginnen; auch die Literaturrecherche mit seinen fulminanten Reiseaufzeichnungen: „Ein Land, wo ich viel gesehen“.
Damit soll klargestellt sein, wir haben dieses Projekt einerseits der praktischen Wissens- und Kulturarbeit in der Region gewidmet, uns aber auch andererseits am wissenschaftlichen Diskurs orientiert.
Ich nenne hier einige maßgebliche Titel, die für verschiedene Teilbereiche besonderes Gewicht hatten. Ernst Bruckmüllers „Sozialgeschichte Österreichs“ bot ein unverzichtbares Fundament. Um das Verständnis von Volkskultur bis unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zu verstehen, ist Vitkor von Gerambs, „Um Österreichs Volkskultur“ (1946) sehr aufschlußreich.
Damit einem der folgende Umbruch im Denken und im wissenschaftlichen Diskurs klar wird, liegt die Lektüre verschiedener Arbeiten von Hermann Bausinger und Dieter Kramer nahe. Hermann Bausingers „Volkskultur in der technischen Welt“ ist dabei natürlich ein Meilenstein.
Dieter Kramer hat mit „Europäische Ethnologie und Kulturwissenschaften“ vorgeführt, wie man in der Zunft einen Modus fand, den esoterischen Nationalkitsch plus allerhand Blut- und Boden-Geschwurbel aus den Begründungen loszuwerden, Kategorien wie Volk und Volkskultur nun anders zu bearbeiten.
Bezüglich Pop-Kultur und Populärkultur sind Arbeiten wie die von Sascha Seiler sehr hilfreich: „Das einfache wahre Abschreiben der Welt“ (Pop-Diskurse in der deutschen Literatur nach 1960).
Es liegt also mehr als ein dreiviertel Jahr hinter uns, indem wir mit sehr unterschiedlichen Menschen debattiert haben, was man zum Stichwort Volkskultur heute herausfinden kann. Die Ergebnisse aus diesem Prozeß sollten sich als Unterlagen für weitere kulturelle Vorhaben in der Region eignen.
— [Projektabschluß] —