Wenn Sie heute in der Akademie Graz die Session mit Milan Mijalkovic besuchen, haben Sie zugleich Gelegenheit, dort Arbeiten von Ryts Monet zu sehen. Der junge Italiener ist derzeit Gast des Programmes „Styria Artist in Residence“. Seine Installation trägt den Titel „Grinder“: [link]
Knapp gefaßt, pointiert und poetisch macht Monet deutlich, daß dieses Europa von der Welt weder abgeschnitten, noch abgegrenzt ist. Er wurde übrigens 1982 in Bari geboren, Mijalkovic im gleichen Jahr in Skopje.
Die beiden Männer gehören also der gleichen Generation an und kommen aus jenem Süden Europas, der einem Gefälle unterliegt, das nie eingeebnet wurde. Der eine Ort eine markante Hafenstadt in Apulien, der andere die Hauptstadt Mazedoniens.
Damit sei unterstrichen, was ich derzeit für sehr wesentlich halte, daß wir uns nämlich erstens auf die Arbeiten einer jungen Generation einlassen und dabei zweitens die Begegnung mit Künstlern suchen mögen, welche nicht in diesem Wohlstands-Reservat Österreich aufgewachsen sind.
Ich genieße es sehr zu erleben: Die ticken völlig anders als wir. Damit sich diese Begegnungen mit den Menschen und Werken aus anderen Zusammenhängen ergeben können, bedarf es der nötigen Mittel und der Programme, um sie einzuladen. Es bedarf auch der geeigneten Orte.
Dazu ist dem Team der Akademie Graz eben ein enormer Kategoriensprung gelungen. Der neue Standort in der Grazer Neutorgasse ist leicht erreichbar, die ebenerdige Lage attraktiv. Der Ausstellungsraum hat eine Dimension, in der es einem nicht gleich zu eng wird, ohne in eine Größe zu reichen, die den Erhalt äußerst problematisch macht.
Ich wünschte, es gäbe eine nennenswerte Anzahl solcher Räume auch in der Provinz, um da nicht an kreative Bastelarbeiten und ähnliche soziale Agenda vergeben zu werden, sondern um die so knappen öffentlichen Mittel der Kultur vorwiegend zur Sicherung eines geistigen Lebens einzusetzen, das seine Impulse ebenfalls aus Quellen außerhalb des Tellerrandes bezieht.
Wie wichtig es für ein Gemeinwesen auch ist, daß sich Menschen unbeschränkt künstlerisch betätigen können, um ihr privates Leben aufzuwerten, das ist ein völlig anderes Genre als die Gegenwartskunst.
Darin erfüllen sich primär Zusammenhänge des sozialen Lebens, die dann auch eher aus den Budgets für soziale Aufgaben mitfinanziert werden sollten, hauptsächlich aber von der Zivilgesellschaft selbst zu leisten wären.
Was dann die Gegenwartskunst angeht, die in Österreich nicht marktfähig sein kann, weil Österreich keinen solchen Markt hat (lassen wir die äußerst wenigen Ausnahmen hier beiseite!), so ist sie eine der Quellen für das erwähnte geistige Leben, aus dem eine Gesellschaft ihre Zukunftsfähigkeit bezieht. Private Bastelarbeit und „kreatives Gestalten“ leisten das nicht.
Ich bin übrigens auch dagegen, daß man etwa Sozialarbeit als Beitrag zur Gegenwartskunst bemäntelt, wärmend – umgekehrt – künstlerische Praxis mit entsprechend klaren Intentionen durchaus in das soziale Geschehen übergehen kann. Intentionen!
Wer also in diese Bereiche der Kunst, der Wissens- und Kulturarbeit nicht konsequent investiert, wird unerfreulich Konsequenzen zu erwarten haben; das wäre in Europa schon mehr als einmal geklärt worden.
Ich beziehe daraus derzeit zwei wesentliche Fragen: Dürfen wir aus der Routine heraustreten? Auf welche Arten gedenken wir den Jungen Platz zu machen und ihnen Mittel anzubieten, wo doch die Mittel dauernd so knapp sind?
Aktuell „Milan Mijalkovic spricht Überdemokratie“
im Rahmen von „From Diaspora to Diversity“: [link]