In der Kunst bin ich ein antiquiertes Wesen. Ich hab keinerlei Vorstellung, was eine allfällige Avantgarde heute tut, wie ich auch meiner Zeit nicht voraus bin, sondern auf beunruhigende Weise mittendrin.
Mein Leben reicht nicht mehr aus, um das 20. Jahrhundert hinreichend zu begreifen. Aber es macht mir Vergnügen, an Dinge zu denken, die noch nicht gedacht werden können. Um diesen Blick ins Ungewisse zu ertragen, der ja ohne Aufschluß ist, verbringe ich meine Zeit mit vorläufigen Erzählungen.
Folglich ist auch mein künstlerisches Werk bestenfalls Art provisoire, wovon, in ausreichender Konsequenz gedacht, eher nichts bleiben wird.
Der Zustand, den ich kenne, ist das „In der Kunst sein“. Es stellt sich ein, wenn ich „in die Kunst gehe“. Das ist vor allem Stille, ist außerdem völlig fei von „Erhabenheit“; fast banal, völlig unspektakulär. Es ist, wenn es sich einlöst, Flow. Wenn es sich ereignet, ist es immer mühelos. Als junger Mensch hab ich dieser Erfahrung mißtraut. Wie kann es denn mühelos sein?
Wahrnehmungserfahrungen. Emotionen. Denkprozesse. Kontinuität. Nach innen, in der Begegnung mit meinen Leuten, finde ich dazu keinen Klärungsbedarf. Wir sind diesen Vorgängen gewidmet, verschrieben, individuell und gelegentlich kollektiv, da wundert sich niemand über solche Befindlichkeiten.
Nach außen bleibt dann auch kaum Erklärungsbedarf, denn da zählen die Ergebnisse unserer künstlerischen Arbeit. Als ich den sehr erfahrenen Maler Hannes Schwarz einmal gefragt habe, woran man Meisterschaft erkennen können, sagte er lächelnd und lapidar: „Am Ergebnis.“
Darauf hatte ich keine weitere Frage an ihn. Damit schien klar, daß individuell geklärt werden müsse, was einen auf welchen Wegen zur Meisterschaft führen könne. Eine allgemeine Aussage darüber ist unwesentlich.
Die Befassung mit Kunst bietet mir ein sehr umfassendes Kommunikationssytem und ein Ensemble verschiedener Modi des Denkens, wodurch ich im Umgang mit offenen Fragen und Aufgabenstellungen eine großen Reichweite ergibt, eine Vielzahl an Möglichkeiten.
Damit wird es mir zu einer nachrangigen Frage, welche Werke aus solchen Prozessen hervorgehen. Das primäre Ereignis liegt darin, in solche Zustände einzugehen, liegt im Umgang mit sich und den anstehenden Gelegenheiten.
Ab da werden freilich die Manifestationen, die Werke und die von außen erfahrbaren Prozesse zu einem aufregenden Angebot. Die ereignen sich um ihretwillen, bestenfalls noch um meinetwillen, aber nicht, damit ich anderen beweisen könnte ein Künstler zu sein.
— [Das Set] —