Wir, die meisten von uns, sind Kinder einer jungen „Kultur des Nationalstaates“, in einem eigentümlichen Intermezzo der Geschichte. Diese Kultur ermutigt Menschen stets neu, den Fahrenden, den Ethnien auf Wanderschaft, mit Vorbehalten, oft mit Feindseligkeit zu begegnen.
Diese Art der Ressentiments ist nicht neu. Womöglich besteht dieses Konfliktpotential, seit wir seßhaft wurden: Innerhalb der Stadtmauern die Zivilisation, außerhalb der Mauern die Wildnis. Bloß ist die Welt längst nicht mehr so geordnet.
Außerdem unterschlägt solche Sichtweise die enormen kulturellen Gewinne, zu denen uns Seßhaften die Fahrenden, die Reisenden, die Unruhigen über Jahrhunderte verholfen haben.
Künstler Robert Gabris ist ein (seßhafter) Rom, der sich aufgrund seiner Biographie nicht mit einer simpel und klar gestrickten Identität einrichten kann. Es ergibt wohl schon „intern“ eine komplexe, zuweilen irritierende Situation, den Roma zugerechnet zu werden, da sich ihr Sosein nicht aus den überschaubaren Verhältnissen von Seßhaftigkeit herleiten läßt.
Das kollidiert dann aber auch mit Ressentiments, die von außen anbranden, wo einerseits alte Stereotypen zur Wirkung kommen, andererseits die neuen Verteilungswettkämpfe innerhalb der EU für Druck auf diese Ethnien sorgen.
Gabris wird demnächst mit Ursula Glaeser (KulturBüro Stainz) öffentlich im Gespräch sein. Glaeser hat sich viele Jahre mit der Kultur der Roma befaßt. Deshalb weiß sie gut, daß man hier kein homogenes Feld vorfindet, auf dem sich widerspruchsfreie Klarheiten produzieren ließen. Die simple Reaktion darauf ist in Europa oft Verunsicherung und Aggression.
Vielleicht wirkt gerade das so provokant an fahrenden wie an seßhaften Roma: Sie verkörpern etwas enorm Kontrastreiches, Dynamisches, wofür wir keine gar so schlüssigen Kategorien zur Verfügung haben. Damit man aber genau das als einen Schatz Europas begreifen kann, muß man sich um einen weiteren Horizont bemühen, als es uns die „Kulturgeschichte des Nationalismus“ empfiehlt.
In der Wiener Brunnenpassage werden Gabris und Glaeser am Freitag, dem 10. März, einen Dialog führen, der in eine offene Gesprächsrunde übergehen soll; siehe: [link]
Gabris und Glaeser stehen übrigens auch für eine eigene Sektion in unserem 2017er Kunstsymposion: [link]