Mit dem LEADER-Kulturprojekt „Volkskultur 4.0: Eine Positionsbestimmung“ nehmen wir bei Fokus Freiberg eine kleine Reflexion vor, wo wir, ein Netzwerk von Kulturschaffenden, heute stehen, da sich diese Gesellschaft massiv zu ändern begonnen hat, weil technologische Innovationen unserer Alltag durchdringen, unsere vertrauten Modi aufbrechen.
Als Kulturschaffende sind wir den Fragen nach solchen Veränderungen laufend ausgesetzt, weil wir immer wieder die Bedingungen unseres Tuns zu klären haben. Bedingungen der Wissens- und Kulturarbeit in der Region.
Es erscheint durchaus überraschend, daß wir uns dabei inzwischen in einem wachsenden Dialog mit Politik und Verwaltung befinden. Damit meine ich die Bürgermeister der drei Dörfer (Werner Höfler, Peter Moser und Robert Schmierdorfer), die sich über diesen Prozeß verständigt haben. Das ist vielleicht die derzeit auffallendste Besonderheit an diesem Prozeß, der einen kuriosen Vorboten hat.
Voriges Jahr standen in Albersdorf-Prebuch „Landwirtschaft/Wirtschaft 4.0 und die Auswirkungen auf die Mobilität“ die regionalen Rahmenbedingungen zur Debatte: [link] Rahmenbedingungen eines Kulturgeschehens, das heute nicht mehr den alten Auszehrungen im Gefälle „Zentrum-Provinz“ unterworfen sein muß.
Mit der Volkskultur halten es viele Menschen gerne wie mit der Kunst. Sie behaupten gelegentlich, man könne ja eigentlich nicht so genau sagen, was das sei und jeder Definitionsversuch würde das Thema bloß unnötig einengen.
Das ist mindestens in einem Punkt eine sehr halbseidene Art der Ausflüchte. Es werden unter Stichworten wie Kunst, Kultur und Volkskultur erhebliche Geldsummen bewegt, öffentliche Gelder, deren Verwendung begründet und gerechtfertigt sein muß.
Mindestens in diesem Zusammenhang muß es also der Gegenstand eines Vorhabens klarer werden. Da genügt es nicht, zu behaupten, es ließe sich kaum sagen, was das sei. Selbstverständlich läßt sich sagen, weshalb man was zu seinem Thema gemacht hat.
Als der Kultur.at: Verein für Medienkultur das überhaupt erste formelle LEADER Kulturprojekt der Steiermark realisierte, war umgehend zu erfahren, daß man mit kritischen Debatten über die Vorgänge und Begriffe in der Regionalpolitik Widerstände erzeugen kann.
Im Jahr 2009 versuchten namhafte politische Akteure der Region ganz unverhüllt, jenes erste LEADER-Kulturprojekt abzuschaffen. Sie begründeten das detailliert, zeigten dabei keine Scheu, ein Grundprinzip des einschlägigen Flusses von Fördermitteln zu brechen; nämlich das Bottom up-Prinzip, wonach solche Förderprogramme der „Bürgerbeteiligung“ gewidmet sind und entsprechendes Engagement der Zivilgesellschaft untermauern sollen. Siehe dazu die Dokumentation „Weg mit Krusche!“ [link]
Kunst- und Kulturschaffende haben trotz solcher Anfechtungen für Kontinuität in dieser Arbeit gesorgt. Zur Vorgeschichte zählt hier auch „Ein kleines Themenpapier zur soziokulturellen Praxis abseits des Landeszentrums … vorgelegt anläßlich des „LEADER Kultur-Treffen“ am 21.11.2008 im Grazer „Kunsthaus“: [link]
Am Donnerstag, dem 29. Jänner 2009, gab es aufgrund unserer Vorarbeit die erste steirische „Leader-Kulturkonferenz“, abgehalten im Forum Kloster in Gleisdorf: [link]
Was aktuell läuft und gerade nächste Optionen für die nahe Zukunft erhält, fällt also nicht vom Himmel, es wuchs prozeßhaft. Hier ein kleiner Überblick, mit welchen Schritten sich das dann weiter entfaltet hat: [link]
Daß nun vor allem auch Volkskultur in unserer Arbeit zur Debatte steht, hat sehr wesentlich mit den Wahlkämpfen der jüngeren Vergangenheit zu tun. Unsere Heimat, unsere Kultur, unsere Identität, das Volk, diese Kategorien wurden von mehreren Fraktionen so stark genannt, hervorgehoben, ausposaunt, wie lange nicht.
Fragt man aber nach, was denn damit genau gemeint sei, kommt meist… nichts! (Außer bestenfalls weitere Schlagworte.) Siehe dazu beispielsweise „Kultur kurios: Wahlen #3“ [link]
Man kann hier mindestens von einem sehr leichtfertigen Umgang mit den Begriffen sprechen, stellenweise auch von Irreführung, um es nicht Mißbrauch zu nennen. Das sind wohl einige gute Gründe, in der regionalen Kultur- und Wissensarbeit Klärungsschritte zu suchen, mit denen deutlicher wird, wovon hier eigentlich die Rede ist.
— [Dorf 4.0] —