Konferenzschaltung ist gut, an einem gemeinamen Tisch sitzen ist besser. Das heißt nicht zwingend „Nach Graz fahren“. Man kommt uns auch entgegen. Günther Ludwig und Andrea Menguser sind beim Land Steiermark für einige Bereiche der Volkskultur zuständig. Sie waren eben zu einem komplexen Gespräch in das Gemeindeamt Ludersdorf gekommen, um anschließend auch das Schloß Freiberg zu besuchen.
Volkskultur. Was sagt Ihnen das? Eben! Da schillern die Kontraste in den Auffassungen. Trachten, Volkstanz, Blasmusik, das kann jeder ausposaunen. Aber ist dieses Genre nicht wesentlich größer, weitreichender?
Was tut sich alles, wenn Menschen ein kulturelles Leben pflegen, bei dem sie keine Zurufe von außen wünschen und sich auch keinen Regelwerken verpflichtet zeigen? Auf der anderen Seite sieht sich die Kommunalpolitik mit kulturellen Aufgaben befaßt, die sich genau damit eventuell vertragen sollten.
Kulturelle Aufgaben sind keine Agenda des Tourismus, haben aber damit manche Schnittpunkte. Die Kultur ist kein Werkzeugkasten für das Marketing. Doch welcher Bürgermeister könnte Budget- und Reputationsfragen ignorieren? Außerdem, was hat Vorrang, wenn das Geld knapp wird?
Sie ahnen schon, da wird es richtig spannend; zum Beispiel, wenn sich regionale Kräfte die Kulturschaffenden nicht als Lakaien der Öffentlichkeitsarbeit zurechtstellen wollen, sondern das Risiko eingehen, auch einander widersprechende Interessen zu moderieren.
Drei Bürgermeister kleiner Gemeinden, in denen für die Politik keine Komfortzone eingerichtet ist, finden solches Risiko offenbar interessant. Werner Höfler (Hofstätten), Peter Moser (Ludersdorf) und Robert Schmierdorfer (Albersdorf) gehen nun schon eine Weile mit diesem Spannungsfeld praktisch um.
Das wird derzeit unter dem Arbeitstitel „Dorf 4.0“ dokumentiert. Nun war mit Ludwig und Menguser eine Debatte darüber fällig, welche Details des Themas auch ihr Interesse wecken und wohin man in dieser Abteilung des Landes allenfalls mitgehen würde.
Ludwig hat reiche Erfahrungen im Kulturmanagement. Menguser war als Historikerin etwa einige Jahre die Assistentin von Paul W. Roth, einem Experten für Industriegeschichte. Damit ist schon klar, daß sie beide keine allergischen Reaktionen bekommen, wenn man mit ihnen zum Beispiel den Komplex „Volkskultur in der technischen Welt“ erörtert.
Sie kommen einem auch entgegen, wenn man Optionen der Musealisierung von Kultur meidet und vordringlich fragt, was denn derzeit an bemerkenswerten Ausdrucksformen gelebt wird. Zugleich sind historische Hintergründe natürlich nicht außer acht zu lassen.
Da tun sich also interessante Debatten für „Dorf 4.0“ auf. Das hat aber auch Potential für eine Querverbindung, in der das Kuratorium für triviale Mythen gemeinsam mit dem Wissenschafter Hermann Maurer (TU Graz) am Projekt „Mensch und Maschine“ arbeitet.
In dem Zusammenhang zeigt ein anderer Gast der jüngsten Diskussionsrunde sehr fundierte Kompetenzen. Ewald Ulrich, engagierter Kulturschaffender der Region, ist ein Unternehmer, der in Sache IT (Informationstechnik) weltweit reüssiert hat. Das ist übrigens genau der Themenkomplex, in dem Hermann Maurer als Wissenschafter internationalen Rang erworben hat.
Fußnote: Die hier erwähnten Aktivitäten sind ausdrücklich der inhaltlichen Kooperation von Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft gewidmet. Also: Volkskultur. Da gibt es eine ganze Reihe solider Berührungspunkte und brisanter Fragestellungen. Ludwig und Menguser scheinen überaus interessiert, mit uns in dieser Sache weiter im Gespräch zu bleiben.
— [Dorf 4.0] [Mensch und Maschine] —