„Konventionelle Kraftstoffe werden noch bis 2030, 2040 zur Verfügung stehen.“ Ich hatte den Ingenieur Wolfgang Wister 2010 getroffen, um mit ihm zu erörtern, wohin die Automotive-Branche geht: [link] Heuer sahen wir uns bei Mythos Puch III wieder. Nun bekam ich Gelegenheit, mit ihm einige Begriffszuweisungen zu erörtern.
Angelpunkt des Gespräches war der Umstand, daß wir im öffentlichen Diskurs derzeit zunehmend auf die Marke „Industrie 4.0“ stoßen, ohne daß all zu klar wäre, was damit gemeint sei. Ich habe ein paar Aspekte dessen eben in „Nächste Automaten“ skizziert: [link]
Tags darauf traf ich Volkskundlerin Maria Walcher. Sie ist einerseits mit dem Thema Volksmusik gründlich vertraut, hat dazu lange gearbeitet. Sie ist andererseits mit dem Thema Handwerk befaßt. Siehe dazu meine Notiz „Handwerk, Ethos, Kultur“ vom vergangenen Sommer: [link]
Walcher betonte in unserem Gespräch die Bedeutung von Feldforschung, deren Zweck sie bezüglich des Gemeinwesens klar herausstreicht: Sichtbarmachen des Seins und Könnens der Handwerker.
Wir waren uns einig im Befremden, daß beim Stichwort Handwerk heute meist immer noch vorgeführt wird, was mit der versunkenen agrarischen Welt verknüpft ist. Korbflechten, Holzschnitzereien, Trachtenstoffe etc.
Was dagegen in den verschiedenen Formen der Industriellen Revolution große Bedeutung erhielt, kommt dann gewöhnlich nicht vor, obwohl diese Handwerksformen immer noch auf hohem Niveau gepflegt werden.
Es läßt sich grob zusammenfassen. Die Bearbeitung von Stahl, Holz, Glas, Leder, Gummi und anderen Werkstoffen ist heute in weiten Bereichen automatisiert, wird aber zum Beispiel in der Sammler- und Schrauberszene rund um klassische Kraftfahrzeuge als individuelle Leistung hochgehalten.
Damit zurück zum Stichwort Industrie 4.0. Ich hab vor rund einem Jahr notiert, was mir dazu wesentlich erschien: [link] Knapp gefaßt: Als sich Dampfmaschinen durchsetzten, hatten Betriebe eine ganzjährig verfügbare, ortsunabhängige Kraftquelle. Das ist ein zentraler Aspekt der Ersten Industriellen Revolution.
Die Zweite Industrielle Revolution handelt von Automatisierung und schließlich dem Prinzip der Fließbandfertigung. Die Dritte Industriellen Revolution wird auch Digitale Revolution genannt. Ich habe gemutmaßt, daß Wister den Umbruch von zwei zu drei innerhalb seines Berufslebens erfahren hat.
So war es. Als Aerodynamiker hatte er bei der Alltagsarbeit schon die leitungsfähigen Taschenrechner von Texas Instruments zur Verfügung. Für komplexere Aufgaben wurde an der TU in Wien Rechenzeit gekauft. Damals wurden Computer noch mit Lochkarten programmiert.
Als Wister 1978 im Grazer Puchwerk anheuerte, arbeitete dort nur die Buchhaltung computergestützt. Die Techniker hatten noch Rechenschieber, wie ich sie in meiner Schulzeit kennengelernt hatte. Ich denke, diese Instrumente charakterisieren sehr anschaulich den Umbruch von Zweiter zu Dritter Industrieller Revolution. Rechenschieber und Taschenrechner.
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