Kulturpolitik: Zeitfenster und ihre Themen

Drei Generationen einer Familie, stellenweise vier, haben die Besonderheit, daß sich die jüngsten und die ältesten Familienmitglieder real begegnen. Ich hatte von meinen Großeltern und deren nächsten Verwandten ganz konkrete Eindrücke gewinnen können.

Ein Mix an Charakteren und Kompetenzen

Ereignisort Schloß Freiberg: Ein Mix an Charakteren und Kompetenzen


So läßt sich mit realen sozialen Begegnungen ein Jahrhundert durchmessen. Meine Leute waren im späten 19. Jahrhundert zur Welt gekommen, ich schaffe es wohl noch ein Weilchen uns frühe 21. Jahrhundert hinein. Das allein handelt von vier verschiedenen Staatsformen. Die gesellschaftlichen Verschiebungen in dieser Zeitspanne sind gradezu schockierend kontrastreich.

Wir leben seit rund 200 Jahren in einer permanenten technischen Revolution, die uns hart zu schaffen macht, weil Beschleunigung darin so ein markantes Motiv ist. Es gelingt uns längst nicht mehr, im Erwerb nötiger Kulturtechniken und sozialer Kompetenzen auf Stand zu kommen, um das wachsende Maß an Verunsicherungen zu bewältigen.

So überrascht es kaum, daß Menschen auf derlei Irritationen mit einem Rückzug auf vertrautes Terrain reagieren, was dazu führt, antiquierte Bilder und Sprachregelungen populär zu machen. Ein sehr problematischer Prozeß.

Eine Seite in mir läßt mich diese Strategie verstehen. Ich bin nicht überrascht. Es erscheint plausibel. Eine andere Seite in mir reagiert nervös auf die Retro-Bewegungen in allerhand Denk- und Handlungsweisen, weil das auf Restriktionen hinausläuft, die uns teuer zu stehen kommen werden.

Sind wir gerüstet, populäre Sprachregelungen und Bilder kritisch zu prüfen? Haben wir die Kraft und die Kompetenzen, uns nicht den Marktschreiern zu ergeben? Finde ich ausreichend Kunst- und Kulturschaffende, die sich nicht darin genügen, dieser Gesellschaft ihre Freizeit zu dekorieren, sondern in ein derartiges Ringen um nächste Klarheiten einzusteigen?

Dynamische prozesse: Drei Männer, vier Positionen

Dynamische prozesse: Drei Männer, vier Positionen

Es geht um unsere Sprache, unsere Bilder, unsere öffentlichen Diskurse. Es geht um öffentliche Veranstaltungen, bei denen sich uns die Funktionstragenden aus Politik und Verwaltung zugesellen. In welchen Rollen und mit welchen Intentionen begegnen wir uns dabei?

Ich sage damit nicht, es sei Aufgabe der Kunst, sich solchen Belangen zu widmen. Die Kunst muß autonom bleiben, bedarf keiner Aufträge von außen, möge weiterhin ihre Themen aus sich heraus auffindbar machen.

Aber als Kunstschaffende sind wir auch Bürgerinnen und Bürger, die ihre Erfahrungen aus der Kunstpraxis, dazu andere Kompetenzen, in das Gemeinwesen einbringen können. So mag individuelle Kunstpraxis mit kollektiver Kulturpraxis in Beziehung stehen.

Kulturpolitik kann sich nicht darin erschöpfen, Budgets zu verwalten und Veranstaltungen zu eröffnen, zusätzlich für PR-Effekte und Besuchszahlen zu sorgen, die eine freundliche Berichterstattung in den Medien fördern. Das sind Agenda des Kultur- und Projektmanagements. Kulturpolitik sollte etwas anderes können.

Wir arbeiten an solchen Fragen in einem Netzwerk, dessen Aktivitäten unter dem Titel „Dorf 4.0“ abschnittweise dokumentiert werden.

Das ist kein konventioneller „Verbandsmodus“, bei dem die einzelnen Kräfte unter ein gemeinsames Dach gewunken werden. Das ist ein Feld autonomer Ortsformationen, wo einzelne Kräfte über Kommunikation und gelegentliche Kooperation ein größeres Ganzes ergeben, das in seinen Passagen wie Positionen offen gehalten ist.

Daraus ergibt sich ein simpler Modus in der Frage, wer dazugehört und wer nicht. Aktive Anwesenheit und angemessene Kommunikationsweisen ergeben das jeweils temporäre Wir. Wer sich einbringt, ist dabei…

+) Themen & Genres: [link]
+) Dorf 4.0 [link]

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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