Kunst und funktionale Sicherheit

Künstler Niki Passath stellt mitten in unserer Debatte fest: „Es gab noch nie so viele Künstler wie heute. Da wird eben die einzelne Person immer unwichtiger.“ Wir hatten uns eine heftige Erörterung des Status quo geleistet. Es zählt das bemerkenswerte Werk. Kuratoren machen Ausstellungen, um Kuratoren zu beeindrucken, der Künstler stört eigentlich.

Mirjana Peitler-Selakov und Mark Blaschitz

Mirjana Peitler-Selakov und Mark Blaschitz

Das Werk ist wichtig, egal, wer es gemacht hat. Das könnte dann auch von einer Maschine stammen. Die Funktion des Kurators vereinfacht das System für die Institutionen. Auch die Politik darf es sich da bequemer machen und die Verwaltung spielt mit, während viele Kunstschaffende an alten Rollenbildern hängen bleiben.

Nein, denken Sie bitte nicht, wir hätten uns da dem Pessimismus hingegeben. Larmoyanz stand schon gar nicht auf der Tagesordnung der ersten Veranstaltung unseres 2016er Kunstsymposions.

Es ging einfach darum, über Kunst, Künstler und Werke, über den Kunstbetrieb einmal anders nachzudenken und dafür Methoden aus einem völlig anderen Metier zu nutzen, zu erproben. Der Auftakt einer Serie von Arbeitstreffen, die Mirjana Peitler-Selakov initiiert hat.

Von links: Sebastian Ulrich, Niki Passath

Von links: Sebastian Ulrich, Niki Passath, Mirjana Peitler-Selakov und Ewald Ulrich

Selakov ist einerseits Technikerin und in der Automobilindustrie tätig (Schwerpunkt Funktionale Sicherheit), andrerseits Kunsthistorikerin und erfahrene Kuratorin.

Dazu kamen Mark Blaschitz (Künstler und Architekt), Martin Krusche (Künstler und Kulturarbeiter), Niki Passath (Künstler mit Technikschwerpunkt) Ewald Ulrich (Techniker und Kulturschaffender) und Sebastian Ulrich (Chemiker).

Wir trafen uns in den Räumen von Fokus Freiberg, um den Arbeitsansatz zu klären: „Sicherheitsanalyse in der Kunst“. Das greift auf, was wir im 2015er Kunstsymposion betont haben. Um vom Multidisziplinären zum Interdisziplinären zu gelangen, müssen Methoden und Kompetenzen aus einem Metier in den anderen Metiers zur Verfügung stehen.

So gehen wir in eine nächste Phase der Idee, Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft in eine Wechselwirkung zu bringen. Eine Überlegung wie „Ist der Künstler in unserer Befragung nur ein Item oder ein Element?“ können freilich ohne Erläuterung nicht verstanden werden.

So waren wir über weite Strecke mit der Klärung einiger Begriffe befaßt, vor allem aber mit der Suche nach guten Fragen. Das führte zur Markierung eines Ausgangspunktes für weitere Arbeit.

Mark Blaschitz (links) und Sebastian Ulrich

Mark Blaschitz (links) und Sebastian Ulrich

Die Wissenschaft sagt uns, der Mensch habe vor etwa 80.000 Jahren symbolisches Denken entwickelt, sei also fähig geworden, Dinge zu denken, die es nicht gibt. Abstraktionen. Vorausschau. Annahmen, um sich für die Zukunft zu wappnen. Aber auch pure Geisteswelten eröffnen…

Der Mensch hat die Erfahrung gemacht, daß ihm aus dieser Fähigkeit evolutionäre Vorteile erwachsen. Das scheint bis heute zu gelten und ist, biologisch betrachtet, das wohl Wichtigste, was uns von Tieren unterscheidet.

Aus dieser langen Übung im symbolischen Denken erwuchs die Kunst mit ihren vielfältigen Praxisformen. Was sind aber nun rund um diese Themenstellung Gefahrenpotentiale? Was sind Risikofelder? Was gefährdet allenfalls die Kunst und was die Menschen?

Können wir sagen, was Risken für a) die Kunst/Kunstwerke, b) die Menschen/Gesellschaft und c) die Künstler als Produzenten sind. Welche Gesellschaft ist gemeint? Sollen oder müssen wir gendern? Haben sich hier nun „Korrektive Aktionen“ konstituiert?

Wir arbeiten dran! Nämlich an der Praxis im Wechselspiel von Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft: Item Definition, Hazard Analysis and Risk Assessment, Bestimmung von ASIL Wert(en), Feedback, Diskussion und Klärung nächster Schritte.

+) Das Aviso [link]
+) Das 2016er Kunstsymposion [link]
+) Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft [link]

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
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