Waren Sie schon einmal am Wärterhäuschen der gewissen Grenzen? Das ist zum Beispiel dort, wo der strenge Grenzposten aus dem gewissen Schatten tritt, einen ernst anblickt, die Knarre der Anständigkeit am Gürtel zurechtrückt und einem entspannt sagt: „Hier ist Schluß!“
Wenn Menschen in Auseinandersetzungen über Fragen der Kunst gerade an eigene Grenzen stoßen, meist Grenzen der Sachkenntnis, der Geschichtskenntnis, auch Grenzen der eigenen Ausdruckskraft, erstarren viele von ihnen gerne zum Wegweiser. Sie weisen uns dann die Wege etwa zu den „Grenzen des guten Geschmacks“ oder eben den „Gewissen Grenzen“, von denen niemand weiß, was genau sie begrenzen. (Darum sind sie ja „gewisse“.)
Das sind natürlich abgenutzte rhetorische Waffen für oft aggressive Rückzugsgefechte von verunsicherten Menschen, denen die Kühnheit anderer Menschen Angst macht.
Es gibt eine sehr populäre Frage, die im Alltagsdiskurs meist nicht als Frage gemeint ist, sondern als Anweisung: „Was darf Kunst?“ (Die implizite Botschaft lautet: „DAS auf keinen Fall!“)
Wäre es bloß eine Frage, könnte man das Thema schnell erledigen. Die Antwort würde schlicht „Alles!“ lauten. Fertig. Und nichts leichter, als das nachvollziehbar zu begründen.
Aber da die Frage meist im Kielwasser einer Debatte über „Gewisse Grenzen“ auftaucht, da überdies das „Gewisse“ bewußt als trübe Kategorie gehalten wird, um notfalls JEDEN Anspruch abzudecken, haben wir stets neu Diskussionsbedarf.
Es ist ja auffallend und merkwürdig, daß vor allem volkstümliche Mehrheiten in unserer Gesellschaft immer wieder eine Ambition zeigen, sich an einer zahlenmäßig verschwindenden Minorität, den Kunstschaffenden, mitunter heftig abzuarbeiten, um irgendwelche Grenzen zu markieren, die sie anscheinend für ihr eigenes Wohlbefinden brauchen.
Eben „gewisse“ Grenzen, Grenzen „des guten Geschmacks“ etc. Gut, dann reden wir also über diese trüben Kategorien, dann klären wir einmal neu, worüber wir da zu reden haben und was von solchen Grenz-Konzepten zu halten ist.
Das wäre dann ja auch zugleich eine Erörterung der stets interessanten Fragen, was denn eigentlich Kunst sei, von der auch unglaublich viele Menschen gerne dahinbehaupten, das könne man „eigentlich nicht sagen“.
Diesmal ist es Tatjana Ivanovic Petrovic, Impresaria von „CuntRa la Kunsthure“, die all das zur Debatte stellt. Am Freitag, dem 27. März 2015, werden wir in Graz die Frage „Was darf Kunst?“ behandeln. Wer kommt da noch mit aufs Podium? Die Künstler Udo Preis, Dr. Kristian Stuhl und Jörg Vogeltanz sowie die Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov.
+) CuntRa [link]
Fußnötchen:
Solche Themen sind auch Teil unserer Erörterungen auf dem Weg zum kommenden Gleisdorfer Kunstsymposion. Wir haben zu klären, was denn heute an Positionen und Bedingungen gemeint ist, wenn jemand „Kunst“ sagt. Siehe: [link]