Ich betreibe kein Büro für anspruchsvolle Marktschreierei. Daher kommen wir auch meist ohne publikumswirksame Wow-Effekte aus. Die Themen, denen wir uns widmen, brauchen Zeit.
Die Arbeit daran ist komplex. Manchmal haben sich unterwegs die Verhältnisse so weitreichend verändert, daß Fragen neu zu stellen sind und manche der Zwischenergebnisse nur mehr ins Archiv gehören.
Wovon hier die Rede ist? Die „Kulturspange“ entfaltet sich derzeit auf einem erheblichen Fundament schon geleisteter Kulturarbeit.
Was ich hier eben unter „Raum überwinden, eine Epoche fassen“ [link] notiert habe, ist keineswegs leichtsinnig hoch gezielt. Es ist die Welt, es ist ein Jahrhundert, womit wir uns auseinandersetzen. Raum als Realität und als Metapher ergibt darin ein zentrales Bezugsfeld.
Im Jahr 2003, also am Beginn meines Langzeitprojektes „The Long Distance Howl“, hat mich die Frage nach unserem Verständnis von Raum ähnlich beschäftigt wie heute, wo nun das erste Jahrzehnt dieses Projektes schon hinter mir liegt.
Ich habe verschiedene historische Motive unserer Kultur strapaziert, von Jonas, den der Wal verschluckte, bis zu den Cyberpunks, wie sie etwa William Gibson im „Kyberspace“ ansiedelte: „Die ‚Kyberspace-Matrix‘ ist von ‚knisternder Stille‘ belebt. ‚Subkulturen konnten über Nacht auftauchen und für ein paar Wochen florieren, um dann jäh von der Bildfläche zu verschwinden‘.” So notiert im Text „Verschluckt“ (Neue Räume, alte Träume) [link]
Kurz davor hatte ich die Begegnung mit dem damaligen Botschafter Chiles als ein Initialereignis dieses Langzeitprojektes ausgewiesen. Und zwar in „the long distance howl“ (art under net conditions: worldwide) [link]
Der Vater von Osvaldo Puccio Huidobro [link] war persönlicher Sekretär von Allende gewesen. Beide Männer hatten ihre politische Position in der MIR (Movimiento de Izquierda Revolucionaria) bei Pinochets Machtergreifung mit dem Weg in ein Folterlager bezahlt.
Osvaldo war 1999 mein Gast in Gleisdorf gewesen, als wir an Fragen zur Identität arbeiteten: [link] Ein Mann, mit dem ich so eine kühne Themenstellung wie „Von der Weltrevolution zur Staatsraison“ debattieren konnte. Er hatte sich dem intellektuell, emotional und leiblich gestellt.
Damit möchte ich deutlich machen, daß künstlerische Praxis sich in meinen Gassen nicht als Produktion von Ästhetik erschöpfen darf. Sie muß hier mit unseren konkreten Lebensbedingungen verknüpft sein und immer auch die Welt meinen, nie nur einen kleinen Ausschnitt davon.
Deshalb brauche ich in einem Modus kollektiver Kunstpraxis auch Verbündete aus anderen Professionen, denn sowohl im Denken wie im Tun wäre mir das Feld zu knapp, wäre es bloß das von Kunstschaffenden.
— [Kulturspange] —