Der Geist in der Maschine

Wissen Sie, was ein „Captcha“ ist? Wenn Sie online unterwegs sind, waren Sie damit höchstwahrscheinlich schon befaßt. Für manchen Zugriff auf eine Website erscheint eine Abfrage. Eine Grafik zeigt Ihnen dabei eine Kombination von Zahlen und/oder Buchstaben. Wenn Sie den gezeigten Code korrekt eintippen, geht’s weiter.

Heimo Müller (links) und Ewald Ulrich

Dazu sagt IT-Unternehmer Ewald Ulrich: „Wir erlauben schon längst, daß Maschinen überprüfen, ob ich ein Mensch oder eine Maschine bin.“ Das Captcha („Completely Automated Public Turing test to tell Computers and Humans Apart“) soll nämlich andere Maschinen davon abhalten, auf einer Website irgendwelche von Software generierte Zugriffe zu tätigen. Nur handelnde Menschen dürfen da weitermachen.

Simples Beispiel: Die Kommentar-Funktion in einem Blog soll nicht von fremder Software genutzt werden können, um dort Spam, also unerwünschte Werbung, zu plazieren. Daher überprüft das elektronische Reaktionssystem per Captcha, ob da gerade ein Mensch oder eine Maschine Text deponieren möchte.

Weshalb beschäftigt uns das? Wir debattieren innerhalb der Kulturspange gerade die Gegenwart von Mensch-Maschinen-Beziehungen und wie dabei der Mensch mit Maschinen kommuniziert, aber auch umgekehrt, wie Maschinensysteme auf uns Menschen einwirken.

Ein Captcha

In der Ausdeutung des Kürzels „Captcha“ kommt „Public Turing test“ vor. Das bezieht sich auf Testanordnungen von Alan Turin, der in den 1950ern überprüfbar machen wollte, ob jemand mit einem Menschen oder einer Maschine kommuniziert und wes Geistes Kind das jeweilige Gegenüber ist.

Derlei berührt ein Thema der Debatte, auch eine Kontroverse zwischen Ulrich und mir, nämlich die Frage, ob Geist auf Maschinen downloadbar sei bzw. ob Maschinen Geist und ein Bewußtsein (vor allem ein Bewußtsein von sich selbst) entwickeln können.

Ulrich tendiert zu Auffassung, Maschinensysteme seien darin viel weiter, als ich für möglich halten möchte. Das verweist auch auf Fragen nach nächsten Evolutionsstufen. Schaffen wir derzeit Systeme und Wesen, die uns schließlich abschaffen werden?

In diesen Diskurs ist nun auch IT-Fachmann Heimo Müller eingestiegen, der mir mit seinem Blogmobil, einem fahrbaren Medienlabor, schon zur Seite stand. Wir haben nun einen gemeinsamen Ansatz für längerfristige Arbeit innerhalb der Kulturspange. Als Trio und in der Verknüpfung unserer Interessen besetzen wir alle drei Aspekte von „Ehre des Handwerks, Gewicht der Kunst, Geist in der Maschine“.

Die Mensch-Maschinen-Interaktion in einer Kombination von Mechanik und Elektronik, die Kybernetik als ein Wissen um das Steuern von Prozesse, die Wirkung von Werkzeugen, mit denen wir nicht bloß Dinge anpacken; indem wir sie verwenden, verändern die Werkzeuge auch uns.

Ein großes Thema in der Mensch-Maschinen-Kommunikation ist Musterkennung. Ulrich hat mit Systemen zu tun, die Gesten und Mimik eines Menschen lesen können. In der Software wird festgelegt, wie solche Inputs vom System gedeutet werden sollen, was die Maschinen daraufhin tut.

Von links: Mirjana Peitler-Selakov, Niki Passath und Kirsty Boyle

Wir möchten diese Themenstellung greifbar machen und daraus Fragestellungen ableiten, auf die folglich mit verschiedenen Mitteln, auch mit Mitteln der Kunst, geantwortet werden kann.

Diese Zugänge sind für Kunst Ost nicht neu. So haben wir etwa mit Künstler Niki Passath schon etliche Sessions absolviert, bei denen es um derlei Zusammenhänge ging. Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov ist nicht bloß auf diesem Feld zuhause, sondern als Technikern auch in der Chip-Entwicklung tätig.

Wir bündeln in der „Gang of Excellence“ also die nötigen Kompetenzen, um so ein Thema schultern zu können. In diesem Zusammenhang unvergeßlich: Der 8.4.2011, als wir auf dem Anwesen Pölzer einen „Tag der trivialen Mythen“ absolvierten, bei der neben Selakov und Niki Passath [link] auch die Karakuri-Künstlerin Kirsty Boyle [link] mit von der Partie war.

Die Australierin Boyle hat Karakuri, diese traditionelle Form früher Robotik; im Herkunftsland Japan erlernt. Dort gilt das heute als eigene Kunstform; siehe: [link]

— [Generaldokumentation] [Kulturspange] —

Über der krusche

jahrgang 56, freischaffend
Dieser Beitrag wurde unter Reflexion und Grundlagen abgelegt und mit , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.