In einem aktuellen Arbeitsgespräch mit LEADER-Managerin Iris Absenger-Helmli stand erneut zur Debatte, was der Begriff Regionalentwicklung meint. Das Wort Entwicklung allein macht schon deutlich: Es geht um eine Reihe von Zustandsänderungen. Dabei spielt also Zeit eine wesentliche Rolle.
Zustandsänderungen sind auch das Metier von Unternehmer Ewald Ulrich. Allerdings in einem anderen Sinn. Er ist im High Tech-Bereich tätig. EDV, das bedeutet, Maschinen werden via Binärcode programmiert. Das Binäre handelt von zwei verschiedenen Zuständen, die unterschiedlich gereiht werden können. An oder aus. Eins oder Null. Zustandsänderungen.
Was so simpel klingt, hatte innerhalb unserer Biographien geradezu revolutionäre Auswirkungen. So wurde es nämlich möglich, daß plötzlich ganz verschiedene Arbeitsbereiche mit der Basis gleicher Maschinen ausgestattet werden können, nämlich Computer, die über den Binärcode ein gemeinsam nutzbares Zeichensystem zu ihrer Steuerung haben.
Die abstrakte Maschine (Computer) wird erst mit ihrer spezifischen Peripherie und durch die individuelle Programmierung zu einer konkreten Maschine in einem bestimmten Arbeitsbereich.
Daß nun ausgerechnet Kulturschaffende in der Provinz dafür gehobene Kompetenzen erwerben könnten, hat verschiedene Motive. Siehe dazu auch den vorigen Eintrag „Medienkompetenz in der Kulturarbeit“: [link]
Was im einen Fall Kompetenz-Level der heimischen Netzkultur-Szene sind, hat im anderen Fall, in dem von Ewald Ulrich, die Dimension eines erfolgreichen High Tech-Unternehmens. Das steht keinesfalls gegeneinander, sondern repräsentiert verschiedene, vor allem komplementäre Optionen der Technologienutzung.
In welchem Ausmaß wir als Kulturschaffende uns zu welchen Optionen kundig machen sollten, muß eigentlich ein neue Praxis erst erweisen. Dazu brauchen wir Zeit. Arbeitszeit. Und zwar im Sinn der Regionalentwicklung.
Das heißt, wir müssen erst klären und erproben, welche Inhalte und welche Verfahrensweisen kulturellen Engagements in der Provinz mit dieser oder jener medialen bzw. technologischen Ausstattung gewinnen könnten.
Da der Kulturpakt Gleisdorf als ein LEADER-Projekt auch de Energieregion Weiz-Gleisdorf verpflichtet ist, haben wir Anlaß, eine anspruchsvolle Versuchsanordnung zu bearbeiten. Es entspricht aber ohnehin seit Beginn von Kunst Ost der Praxis, die Aktivitäten nicht zu zentralisieren, sondern quer durch die Region zu entfalten.
Siehe dazu etwa: „Somit darf ich sagen: ‚kunst ost’ agiert lokal, regional, landesweit und europaweit. Und zwar jeweils mit derzeit aktiven Teilprojekten, die einerseits Anregungen in die Region bringen, die aber andrerseits deutlich machen, daß wir Kulturschaffende in der Provinz dem Landeszentrum nichts nachstehen.“ Am 21.11.2012 in: „Zentralisierung unerwünscht!“ [link]
Aber warum speziell „Fokus Freiberg“ in der Gemeine Ludersdorf? Es ist der Sitz des Unternehmers Ulrich und es ist ein höchst tauglicher Veranstaltungsort, der einer stärkeren Belebung harrt. Da ist im Kern freilich noch ein anderer, sehr wesentlicher Grund von fundamentalerer Art, der daraus eine anspruchsvolle Versuchsanordnung macht.
Das Zentrum dieses Geschehens („Fokus Freiberg“) ist gewissermaßen „Peripherie der Peripherie in der Provinz“. Es ist eine Randposition erstens in der Kleinregion Gleisdorf und zweitens in der Energieregion Weiz-Gleisdorf.
Wenn ich mit LEADER-Managerin Absenger-Helmli die Praxis der Regionalentwicklung erörtere, muß ich ja darstellen können, was das konkret meint. Wo nun der Kulturpakt Gleisdorf an der Kulturspange arbeitet, kann die Kulturspange nicht bloß ein bilaterales Projekt sein. Ich brauche ein komplexeres Kräftespiel, um neue Klarheiten finden zu können.
Ich hatte schon vergangenen Jänner erneuerten Konsens mit Politik und Verwaltung, da war das aktuelle LEADER-Kulturprojekt, das wir repräsentieren, noch gar nicht in Sicht.
Damals war zu notieren: „Zentralisieren wäre ein Modus des vorigen Jahrhunderts. Statt dessen sollte sich quer durch die Region eine Mehrzahl eigenständiger Netzwerke bewähren, die über Schnittpunkte konkreter Vorhaben jeweils temporär untereinander verknüpft werden können.“ Quelle: „Kulturtisch #3: Ausgangslage“ [link]
An unserem Freiberger Ausgangspunkt ist es so formuliert: „Nach meiner Einschätzung könnte Schloß Freiberg/Gemeinde Ludersdorf das exemplarische REGIONALE ‚Nicht-Gleisdorf’ sein, also die nötige ANDERE Position innerhalb der Energieregion Weiz-Gleisdorf, während Bad Mitterndorf den ANDEREN Ort mit der anderen Kulturinitiative in einer völlig anderen LEADER-Region repräsentiert.“
Das heißt, wir sehen uns im Kontrast mehrerer sehr unterschiedlich gelegener und ausgestatteter Ort an, was die Verfahrensweisen taugen, die wir in der Kleinregion Gleisdorf und in der Energieregion Weiz-Gleisdorf entwickelt haben.
— [Generaldokumentation] —