Radenko Milak lächelte und sagte: „Ich bin sehr zufrieden. Mit der Ausstellung. Mit dem Ort. Mit der Veranstaltung.“ Warum das wichtig ist? Wie ein einzelnes Bild sich als Ergebnis eines Prozesses zeigt, ein Statement ist, so auch eine komplette Ausstellung.
Das ergibt sich als ein Dialog zwischen Künstler und Kuratorin. Kunsthistorikerin Mirjana Peitler-Selakov betont dabei ihre Ansicht, daß sie über diesen Dialog hinaus eine Verpflichtung zur Vermittlung empfindet.
Das bedeutet nun, beide, Künstler und Kuratorin, setzen sich mit ihren jeweiligen Intentionen auseinander, sie setzen sich mit dem Ort des Geschehens auseinander, sie stellen sich darin einem konkreten Publikum, das sich erst in der Stunde der Eröffnung so oder so zeigt.
Dahinter liegt mein Part, der ich das alles in meinem laufenden Prozeß einbezogen habe („The Long Distance Howl“). Es sind nicht bloß der gestrige Abend und die nun laufende Ausstellung. All das hat eine komplexe Vorgeschichte, in welcher sich mehrere Ereignislinien der genannten Personen und anderer Leute jeweils temporär verbunden haben.
Aber damit noch weitaus nicht genug. Politik und Verwaltung dieser Stadt ergeben ein Bezugssystem, innerhalb dessen Themenstellungen unser Prozeß festgemacht, da und dort verknüpft ist.
Beachten Sie, daß Politik und Verwaltung zwei grundverschiedene Instanzen einer Kommune sind. Kulturreferent Alois Reisenhofer und Gemeinderat Karl Bauer (Politik) waren da. Sie haben vorrangig andere Aspekte des lokalen und regionalen Geschehens im Auge, als City-Manager Gerwald Hierzi oder Kulturpakt-Beauftragte Katharina Scheidel (Verwaltung und Wirtschaft).
Die Verwaltung hat teilweise das umzusetzen, was die Politik vorgibt, muß aber auch aus eigenen Aufgabenstellungen heraus Arbeitsweisen entwickeln und in die Praxis bringen, ihre Themen voranbringen.
Etwas anders dabei die Rolle von Sigrid Meister, Kustodin des MiR: Museum im Rathaus, wo sich all das in der gestrigen Vernissage verdichtet hat. Sie muß sich zwar mit den Aufgabenstellungen von Politik und Verwaltung einrichten können, hat aber eine greifbare Struktur, ein Haus zu verwalten.
Dieses Haus ist im Vordergrund ein Veranstaltungs- und Ereignisort. Im Hintergrund ist es ein Archiv voller Artefakte und Dokumente, ein Stück des „Gedächtnisses“ der Stadt und auch der Region.
Genau da finden wir nun alle wieder zusammen, auch von höchst unterschiedlichen Positionen aus.
Welches Kräftespiel hat uns aus den vergangenen hundert Jahren heraus an eben dieser Stelle zusammengebracht? Welche Rollen und Aufgaben haben wir dabei gewählt? Wie setzen wir uns zueinander in Beziehung, wo wir doch so kontrastreich dastehen? Welche Schritte vermögen wir von da aus gemeinsam zu setzen?
Das ist eine spannende gesellschaftliche und kulturpolitische Aufgabenstellung. Dabei spielen auch künstlerische Mittel eine Rolle. Künstlerische Möglichkeiten, zwischendurch eben auf dem erheblichen Kompetenz-Niveau eines Radenko Milak, der uns, wenn er sich mit dem Ereignis zufrieden zeigt, bestätigt, daß wir alle mit einander, wir Kontrastreichen, eine sehr komplexe Situation für Augenblick sehr umfassend eingelöst haben.
Das bestätigten uns übrigens auch die Gäste des Abends, die lange blieben und in vielfältige Debatten verstrickt waren. Kein weiteres Rahmenprogramm, keine „musikalisches Untermalung“, einfach nur die Begegnung mit den Werken, mit den Themen und Inhalten, sowie eine kleine Flut von Gesprächen; darüber und über vieles, was daran anknüpfen mochte, was über Assoziationen Sprünge zu ganz anderen Aspekten fand.
Dabei war das bloß der erste Abend einer ganzen Serie innerhalb unseres 2014er-Kunstsymposions. Und es sind noch weitere bemerkenswerte Details zu entdecken. So war das ja auch ein Abend, in dem wir als kleines Kollektiv begonnen hatten, den etwas versteckten und fast vergessenen „Geschichtsraum“ des Museums wieder ins Blickfeld zu rücken.
Ich hatte Irmgard Hierzer, Michaela Knittelfelder-Lang, Sigrid Meister und Herta Tinchon gewonnen, diesen Raum gemeinsam bespielen, das Vorgegebene mit einigen Beiträgen zu überlagern. Was da nun für den gestrigen Abend eigentlich von Bedeutung war, liegt darin, daß sich die Frauen für jene Stunden aus dem Vordergrund völlig zurücknahmen, den Fokus außerhalb ihrer eigenen Beiträge beließen, also das Prozeßhafte mit seiner momentanen Gewichtung mittrugen.
Genau weil man diese Zurückhaltung natürlich leicht übersehen konnte, hat sie besonderes Gewicht. Sie belegt, daß es den Kreativen unter uns in kollektiven Schritten nicht immer darum geht, nur auf sich selbst zu achten. Die Frauen zeigen damit, daß wir uns auf eine weiterführende Reise begeben können, auf der die Themen zuerst kommen, dann die Werke und Beiträge, dahinter stehen schließlich wir…
All das ist in Summe auch Ausdruck der aktuellen Phase des Kulturpakt Gleisdorf. Dieses gemeinsame Ringen um ein größeres Ganzes, das zur Dauer taugt und das von höchst unterschiedlichen Menschen gleichermaßen erarbeitet und getragen wird.