Wir verzweigen das Kunstsymposion im September kurz auf die Straße, in das Zentrum von Gleisdorf. Dort wird ein Stück des Weges als „Geschichtsgasse“ [link] markiert. Wir laden Handwerker, Schrauber und Sammler zur Zusammenkunft ein. Es werden klassische Fahrzeuge gezeigt, es werden Gespräche geführt, es wird einig Raritäten zu sehen geben.
Was hat das mit einem Kunstsymposion zu tun? Warum wird das am Namen Puch festgemacht? Wozu diese Querverbindung zu den trivialen Seiten der Alltagskultur?
Wir befassen uns schon eine Weile mit den möglichen Schnittstellen zwischen Handwerk und Kunstpraxis. Wir beschäftigen uns mit der Idee, Werkstatt und Atelier zu versöhnen. Vor uns liegt Arbeit unter dem Motto: „Die Ehre des Handwerks, das Gewicht der Kunst, der Geist in der Maschine“.
Dzu bietet die Steiermark eine exemplarische Biographie. Johann Puch, eigentlich Janez Puh, war ein Keuschlerbub aus der damaligen Untersteiermark, ein Kind der agrarischen Welt. Puch wurde in Bad Radkersburg zum Handwerker ausgebildet. Er reüssierte in Graz zum Fabrikanten und starb am Vorabend des Großem Krieges, im Juli 1914.
Seine Lebensgeschichte steht beispielhaft für eine soziale Revolution, für das Heraufdämmern individueller Mobilität auf Massenbasis, gestützt auf den privaten Besitz von Fahrzeugen.
Unser Tun auf diesem Themenfeld macht die Begegnung und Auseinandersetzung mit den Leuten des Handwerks, auch mit den leidenschaftlichen Schraubern und Sammlern, unverzichtbar. Das ist einer der Aspekte, denen bei unserem Symposion übrigens auch ein eigener Round Table gewidmet ist: [link]
Andere Aspekte liegen in historischen Berührungspunkten. Um das 20. Jahrhundert zu begreifen, wie es durch den Großen Krieg geprägt wurde, ist ein Grundverständnis der Technologiesprünge Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts hilfreich.
Das handelt auch von eigentümlichen Details. Da ist etwa die Tatsache, daß der Generalstabschef des Hauses Habsburg, Franz Conrad von Hötzendorf, als er endlich den lange ersehnten Krieg gegen Serbien bekam, von den Massenschlachten moderner Armeen noch keine Vorstellung hatte, denn seine Kenntnisse eines Kriegsschauplatzes waren noch auf dem Niveau von Königgrätz (1866).
Wir werden bei der Veranstaltung am 20. September 2014 eine Wiederaufführung des „Puch-Marsches“ von Eduard Wagnes hören. Er war ein Zeitgenosse von Puch und nannte sich dessen Freund. Er war Komponist und überdies Kapellmeister einer Grazer Regimentsmusik; nämlich jener der „Zweier-Bosniaken“.
Dieses Bosnisch-hercegovinisches Infanterie Regiment Nr. 2, stationiert in Graz, war die im Ersten Weltkrieg am höchsten ausgezeichnete Einheit des Kaisers.
Es gibt also einen größeren historischen Zusammenhang, der das Thema „Mythos Puch“ mit der Themenstellung unseres Kunstsymposions verknüpft. Es gibt aber auch jene sehr greifbareren Bezüge.
Wenn ich oben Handwerker, Schrauber und Sammler erwähnt habe, dann meint das unter anderem klassische Handwerker und Könner ihres Faches wie Bernhard Lagler oder Bernhard Naumann, die ihr Kommen zugesagt haben und uns außerdem rare Fahrzeuge zeigen werden.
Sie repräsentieren eine Tradition, in der praktische Erfahrung, Materialkenntnis, Handfertigkeit, Problemlösungskompetenzen und individuelle ästhetische Konzepte ineinander gehen. Es ist nicht Kunst, sondern Kunstfertigkeit, aber das schöpft ohne Zweifel zum Teil aus den gleichen Quellen.
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