Bevor ich überhaupt die Geschichte unserer „Sarajevo-Session“ erzählt habe, rennen mir die Ereignisse auf angenehme Art davon. Ich hatte nach meiner Rückkehr von Bosnien eine Reihe von Besprechungen. Das Kooperieren von Staat, Markt und Zivilgesellschaft ereignet sich keinesfalls reibungslos.
Wir müssen alle noch in der Praxis üben, wie sich unterschiedlich strukturierte Institutionen, die auch mit unterschiedlichen Machtmitteln ausgestattet sind, ineinander greifen können, ohne hauptsächlich Brösel zu produzieren. Ein paar Details dazu finden sich hier im vorherigen Eintrag: [link]
Inzwischen hat mir Jelena Juresa jenes historische Foto aus ihrer Sammlung geschickt, das auch auf dem Cover des Kataloges zu ihrem Projekt „Mira“ zu sehen ist. Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov hat zugestimmt, es wird also das Plakat-Bild für die kommenden Ausstellung werden.
Bei Radenko Milak wird es für das Ausstellungsplakat voraussichtlich das Aquarell mit der sensationellen Spionage-Taube aus dem Ersten Weltkrieg.
Es gibt ein komplettes Ensemble mit Tauben, das wir in Pierre Courtins Galerie [link] in Sarajevo gesehen haben. Ich weiß derzeit noch nicht, welche Auswahl die Kuratorin Selakov letztlich treffen wird, vermute aber, daß die Tauben mit im Spiel sind.
Das Foto zeigt: Da liegt auch auf dem Podest die schwarze Mörderhand von Selman Trtovac; siehe dazu: [link] Eine komplexe Arbeit, von einer skurrilen Geschichte getragen.
Pierre Courtin teilt offenbar mein Faible für Stempel. Ein wunderbares Medium. Etwas antiquiert, sehr sinnlich. Sein Dialog mit Mirjana Peitler-Selakov spinnt einen aden weiter, der in Paris begonnen wurde, nach Sarajevo führte und nun nac Glesidorf gesponnen wird.
Das ist eine der Linien komplexer Themenentwicklungen. Ein anderer ist mir heute erst zugefallen. Philosoph Günther Friesinger, mit dem ich kürzlich im Parlament die Sache der Kunst in der Provinz vertreten hab – siehe dazu: „Zentral. Lokal. 2014“ – schrieb an mich und Soziologen Rainer Rosegger im Komntext „Zukunft Land?“:
>>lieber rainer, lieber martin, schreibe dieses mail um eine kooperation zwischen den beiden symposien in eisenerz und gleisdorf ins laufen zu bringen … anbei die beiden konzepte, jeweils zur info, was die grundüberlegungen und vorhaben sind…<<
Während wir Bad Mitterndorf, Eisenerz oder auch Gleisdorf für jene Provinz halten dürfen, die sich gegenüber dem Landeszentrum emanzipieren muß, hatten wir mit einem lachenden Milak zu erörtern, wie sehr der ganze Balkan sich zum Europa der EU in einem sehr harten Zentrum-Provinz-Gefälle befindet.
Lustig ist das übrigens nicht. Über derlei Zusammenhänge werden wir noch zu reden haben. Für Courtin sieht es so aus, daß er durch Europa reist, um dort Geld zu machen, wo es eben ist, um jene Profite abzuholen, die er braucht, damit er die Galerie in Sarajevo mit größter Autonomie führen kann.
So ahnt man vielleicht, warum ich meine Zeit mit derart spannenden Leuten verbringen mag. Übrigens! Die Symposions-Website ist seit heute aufgeräumter: [link]
Ich muß gerade eine akute Komplexitätskrise niederringen, damit alles klappt und nichts unter den Tisch fällt. So viel Arbeit, aber auch so viel Vergnügen daran. Also was soll man machen? Eben. Loslegen!
— [Generaldokumentation] [Sarajevo-Session] —