Möchte ich mir mit Kunstschaffenden meiner Umgebung einen Spaß machen, schleiche ich mich an jemanden heran und sag unverhofft: Leistungsaustausch! Das sitzt!
Im landesweiten Milieu der Kunst- und Kulturschaffenden hat sich schon vor vielen Jahren eine „Sekte der gnadenlos Guten“ herauskristallisiert, in deren Brevieren steht, daß Kunst nichts mit Geld und auch nicht mit Verhandlungen zu tun haben dürfe. Mumpitz!
Das verrät uns hauptsächlich eine gnadenlose Heuchelei, in der nichts so gut gedeiht wie Mißgunst. Die Konsequenzen solcher Art der Andacht werde ich hier nicht auflisten. Wenden wir uns interessanteren Fragen zu.
Mit dem Künstler Winfried Lehman und dem Unternehmer Ewald Ulrich teile ich zweierlei auf jeden Fall:
+) Wir könnten nicht unterschiedlicher sein.
+) Unsere Tage haben 24 Stunden, nicht mehr.
Wenn man zusammenfaßt, was uns grade beschäftigt, führt das zu einer kurios scheinenden Überlegung: Wie kann die Freiheit der Kunst durch Leitungsaustausch sichergestellt sein?
Das versteht man leicht, wenn die sehr unterschiedlichen Anforderungen zweier Bereiche als eben das beachtet werden: Unterschiedliche Bereiche.
+) Kunstproduktion
+) Kunstvermnittlung
Ich bin zwar aktiver Künstler, aber meine Tätigkeit als Projektleiter des Kulturlabors Kunst Ost hat nichts mit Kunstproduktion zu tun. Das gilt ebenso für Lehmann, wenn er als Kurator einer autononem Station im kommenden April-Festival aktiv ist.
Ulrich tut zwar, wenn er sich als Koveranstalter exponiert, auf Umwegen auch etwas für die Bedingungen der Kunstproduktion, doch das verlangt eben nach anderen Mitteln und Möglichkeiten als die Kunstproduktion selbst.
Wie viele Jahre mußte Kunst Ost sich ereignen, daß ich ganz entspannt und zielgerichtet mit engagierten Leuten darüber reden kann?
Ahnt jemand, was die konservative Alternative dazu ist? Sich brav um irgend einen Trog scharen, artig herumstehen und hoffen, daß von Fördermitteln, die man selbst nicht beschafft hat, etwas für einen abfällt.
Das ist der antiquierte Modus, in unserer Region leider nicht totzukriegen, in dem dann unter anderem eben jene strukturellen Eigenheiten und Machtspiele reproduziert werden, gegen die viele Kunstschaffenden laut Selbstdarstellung ja angetreten sind.
Fußnötchen:
Genau dieser antiquierte Modus widerspricht vor allem auch dem erklärten Bottom up-Prinzip, ohne dessen Beachtung es keine EU LEADER-Gelder, keine Kohle für Lokale Agenda 21, kein Gerschtl im Kontext Regionext gäbe.
Kleiner Einschub:
Ganz erstaunlich, daß eine relevante Anzahl Funktionstragender aus Politik und Verwaltung diesen Grundsatz, eine Conditio sine qua non der Fördermittelvergabe, mit Anlauf ignorieren und so die eigene Förderwürdigkeit immer wieder aufs Spiel setzen.
Hier als Beispiel die LEADER-Prinzipien, deren Rezeption mir unverzichtbar erscheint, wenn man mit solchen EU-Gelder arbeiten will, deren Beachtung im Tun wohl auch klug wäre, falls man längerfristig mit diesen Geldern arbeiten möchte: [link]
Einem Ewald Ulrich muß ich das nicht erklären, dem Lehmann auch nicht. Wir hatten ja schon Vorgespräche geführt; siehe: „April-Festival: 2015 ist in Arbeit“ [link] und Ulrich meinte, er müsse sich erst einmal seine Rolle überlegen.
Außerdem wissen wir: Lokale und regionale Stellen, auch das Land Steiermark, sind budgetär rundum ausgelastet, ja, überlastet. Sollte jemand Geld für Experimente, für neue Modi, für Innovation brauchen, muß dieses Geld von auswärts beschafft werden.
Nun komme ich zum Anfang dieses Textes zurück: Wofür soll mir oder uns jemand Geld geben? Worin besteht der Leistungsaustausch? Quid pro quo?
Falls wir darauf keine plausible Antwort finden, wird uns niemand Gelder überlassen. Klar? Klar!
— [Generaldokumentation] [Zentral. Lokal 2014] [April-Festival 2015] —