Wie kommen Dinge in die Welt? Dinge. Genauer: Gegenstände. Also greifbare Dinge. Und was soll es mit der Kunst zu tun bekommen, wenn ich mich mit Schraubern, mit Mechanikern herumtreibe? Denken. Tun. Dinge machen.
Zum 100. Todestag von Johann Puch ließ uns Magna Steyr ins Thondorfer Werk. Da gibt es Fertigungsstraßen, die aussehen, als würde dort James Bond manchmal den Showdown mit einem aktuellen Bösewicht absolvieren, zwischen rasenden Gabelstaplern und tanzenden Industrierobotern elegante Schußwechsel zelebrieren.
Als wir in den Hallen von Magna Steyr standen und die Herstellung von Fahrzeugen betrachten konnten, war ich völlig irritiert von der Ahnung, wie unendlich viel Geld beschafft und fix angewandt werden muß, um ein taugliches Produkt wenigstens einmal zu entwickeln und herzustellen; da ist noch kein einziges Scheinchen verdient worden.
Es steckt also ein Vermögen fest und es rennen unzählbar viele Menschen Tag und Nacht, bis ein Wagen auf die Reise geschickt werden kann und verfügbar wird; so verfügbar wie die dann letztlich auch eine Flotte von Klassikern, zu der eine Fangemeinschaft mit ihren Fahrzeugen dieser Tage in Graz zusammenfand.
Wir gedachten des 100. Todestages von Johann Puch. Dabei gab es ein paar stille und ein paar feierliche Momente, kurz fiel auch beides zusammen; doch traurig ging es keineswegs zu. Ganz im Gegenteil. Fröhlichkeit bestimmte diese Tage.
Ich werde noch von allerhand Honoratioren zu erzählen haben, die uns dabei Gesellschaft leisteten; emsige Leute, ohne deren Tun das Puch-Museum in gegebener Form nicht möglich wäre. Da sind auch viele andere Zusammenhänge ihrem Engagement empfohlen.
Aber ich bin ein wenig befangen und muß mit dem Rückblich bei jenen beginnen, die mit ihren Händen und ihrem Geist an den Fahrzeugen selbst gewirkt haben, heute noch wirken. Männer, die den 70. Geburtstag alle schon hinter sich haben, aber keiner von ihnen hätte seinerzeit das Werkzeug fallengelassen. Und jüngere Handwerker, die sich selbst in dieser Tradition sehen.
Für mich ist emotional immer das Schönste an solchen Treffen, wenn alte Puchianer zusammenkommen, auch andere Handwerker, die mit diesen Fahrzeugen befaßt waren und es immer noch sind. Sie reden über nach wie vor offene Probleme oder neue Hürden an alten Fahrzeugen.
Sie reden auch von Freunden und Kollegen, die von ihnen gegangen sind. Sie reden von dem was war und von dem was immer noch wichtig ist.
Neuerdings sehe ich dann öfter auch jüngere Kerle zwischen ihnen. Manche stellen Fragen, andere haben schon etwas zu sagen. In welchem Baujahr sah der Endtopf so und so aus? Dieses Nupsi auf dem Tank gab es nur im ersten Produktionsjahr. Vergaser und Zündung: Themen für die Ewigkeit. Diese kleinen Rücklichter? Man mußte der Behörde belegen, daß das ein Jahr lang so produziert wurde und daher historisch gesicherter Standard ist.
Ich höre andere Dialekte, andere Klangfarben. Manche der Fans kamen aus übrigen Bundesländern, manche aus Deutschland; aus Slowenien ist es eine größere Gruppe gewesen.
Das Haus und die Rituale, ja, wichtige Zusammenhänge. Aber die handelnden Menschen bewegen mich stets mehr, wenn alles zusammenkommt. Vielleicht bin ich auch bloß ein sentimentaler Kerl, der mit den Jahren immer mehr an vergehenden Kategorien hängt.
Was mich dabei berührt, ist das, was man „Die Ehre des Handwerks“ nennen kann. Eeine merkwürdige Mischung aus Selbstbewußtsein, Problemlösungskompetenz, Handfertigkeit und brennender Neugier.
Nein, mit Kunst hat all das gar nichts zu tun. Aber mit jener Conditio humana, innerhalb derer wir das Spektrum unserer Fähigkeiten abstecken und auch erweitern können, um unsere Möglichkeiten auszuloten, zu denen dann auch Kunstpraxis gehört.
— [Mythos Puch] —