Wo Kunst- und Kulturschaffende mit öffentlichen Geldern arbeiten möchten, werden sie begründen müssen, worin der Leistungsaustausch besteht, für den man ihnen Geld überläßt. Wer für sich keinen exzellenten künstlerischen Rang geltend machen kann, sollte gerüstet sein, andere Gründe zu nennen.
Wo wird exzellenter künstlerischer Rang verhandelt und geklärt? Auf einem Feld gemischter Quellen. Der Kunstmarkt, das Feuilleton und die Kunstgeschichte liefern Argumente zur Bewertung künstlerischer Arbeiten.
Wenn etwa die Bezirkshauptstadt Weiz auf kanonisierte Größen wie Günther Brus und Valie Export setzt, muß ordentlich Geld locker gemacht werden, doch es kann in der Sache nur wenig schiefgehen, weil deren künstlerischer Rang schon in die Geschichtsbücher eingetragen wurde.
Es wird freilich kein bedeutender Sammler erstklassige Arbeiten von Kunstgrößen für das eher ungesicherte Weizer Kunsthaus herleihen, das überdies für eine adäquate Präsentation bildender Kunst etwas ungeeignet ist.
Aber das ist nachrangig, weil in unserer Region die klingenden Namen mehr bedeuten, als Nuancen oder Grade der Qualität einer Arbeit. Kurz: Das ist eine andere Fragestellung.
Geht es aber um Gemeinwesenorientierung in der regionalen Kulturarbeit, müssen wir verhandeln können, welche Prioritäten gelten, um die inzwischen andauernd knappen Ressourcen sinnvoll einzusetzen.
Dazu kommt, daß von verfügbaren Budgets viel gebunden ist, wo etwa fixe Einrichtungen ihren laufenden Betrieb bewältigen sollen. Ein Weizer Kunsthaus, ein Gleisdorfer Haus der Musik, das Forum Kloster oder das Museum im Rathaus brauchen fixe Budgets.
Sollen nun auch noch kulturelle Experimente möglich sein, Entwicklungsarbeit, Schritte in Richtung Innovation, müssen wir dafür lokale und regionale Budgets zäh verhandeln, müssen wir den Anspruch darauf gut begründen. Und wir müssen Budgets von außen dazuholen. Sonst läuft da nichts.
Ich habe eben Christoph Stark, den Bürgermeister Gleisdorfs, befragt, welche Prioritäten er derzeit sieht, was denn die politische Praxis für ihn momentan vorrangig erscheinen läßt. Ohne die Kenntnis solcher Prioritäten sind kulturpolitische Verhandlungen ziemlich sinnlos.
Stark hat kürzlich beim Meldeamt mit Astrid Kazianka die 6.000. Bewohnerin Gleisdorfs begrüßt. Er sagt, die Entwicklungskurve zeige steil nach oben. Es seien derzeit auch rund 200 weitere Wohnungen in Planung. Es gehe um eine Vision, wie das Gleisdorf der zehntausend Menschen aussehen solle.
Stark betont: „Es sind jetzt viele Menschen da, die mit der Region noch nichts zu tun hatten.“ Die Politik ist also gefordert, Maßnahmen zu setzen, die es den Neuzugängen erleichtern, sich einzugewöhnen und recht bald wohl zu fühlen.
Nun sind wir uns einig, daß es nicht darum geht, die Kunst für Sozialarbeit in die Pflicht zu nehmen, aber KULTURPOLITISCH haben diese Veränderungsschübe schon eine hohe Relevanz. Demnach: Nicht Kunstpraxis, sondern Wissens- und Kulturarbeit sind in solchen Prozessen ebenfalls gefordert.
Kunstpraxis wird aber erfahrungsgemäß AUCH fruchtbare Beiträge für das sich ändernde geistige und soziale Klima der Region liefern.
Da trennen sich nun Wege und Aufgaben.
Wer bloß um Mittel vorstellig wird, um für seine eigenen Werke eine Ausstellung zu erreichen etc., dürfte es auf den Prioritätenlisten der Region nicht so weit nach oben schaffen, wie Menschen, deren Vorhaben auf einen größeren Zusammenhang zielen.
Wo und wie sollen sich nun zivilgesellschaftlich Basis, Politik und Verwaltung für eine entsprechende Kulturpraxis und adäquate Kooperation treffen? Eine interessante Frage- und Aufgabenstellung.
Eine Besprechung mit Sigrid Meister, der Kustodin des MiR: Museum im Rathaus machte unsere nächsten gemeinsamen Schritte klar. Im Rahmen des kommenden Kunstsymposions [link] wird das MiR auch wieder seine ursprünglichen Funktionen stärker aufnehmen und weiterführen. Dafür verzahnen wir unsere Veranstaltungen in einem Ereignisblock der Monate September und Oktober.
Meister will übrigens meine Idee der künstlerischen Bespielung des „Geschichtsraumes“ als Parallelereignis zu den Ereignissen im Hauptraum aufgreifen, was bedeutet, wenn meine Crew [link] Ende Oktober abräumt, könnten dort andere Kunstschaffende übernehmen.
Ich wünschte, Kunstschaffende der Region wären vertärkt geneigt, mit speziellen Ideen in bestehende Räume zu gehen und so auch an ungwohnten Orten eine kontinuierliche Präsenz künstlerischer Praxis in der Region herzustellen. Ich denke, Kontinuität ist eine Hauptbedingung, um auf den Lauf der Dinge sinnvollen Einfluß zu nehmen.