Wir haben es in unserer laufenden Arbeit auf spezielle Art mit drei Orten zu tun, die wir zu einander in Beziehung setzen: Werkstatt, Atelier und Museum.
Die Werkstatt ist seit jeher der Ort des Herstellens von Dingen. Das läßt primär an Alltagsbewältigung denken, an die Produktion nützlicher Artefakte. Aber schon die griechische Mythologie zeigt uns etwa mit Heiphaistos dem Schmied, daß der Handwerker in seinem Tun Kompetenzen erringt, welche ihn sehr schnell über Alltagsnotwendigkeiten hinausführen können. Plötzlich erweitert sich das, was er produziert, in mythische und symbolische Regionen.
Das Atelier ist ein Ort der Kunstproduktion, teilweise ein Ort der Kunstvermittlung und Präsentation, nicht zuletzt auch für Momente ein Ort des Handels; wenn etwa Sammler oder Galeristen zu Besuch kommen, um sich aus erster Hand Vorteil zu holen. Als Ort des Schaffens ist es aber vor allem Rahmen für Reflexion und Kontemplation.
Das Museum ist ein junges Phänomen. Es drückt aus, daß die Zugänge zu Kunstwerken und zu Wissen demokratisiert wurden. Davor waren Sammlungen und Wunderkammern in ihrem Nutzen den alten Eliten vorbehalten. Zwischenzeitlich wurden Museen zum Inbegriff staubiger Depots, in denen kulturelle Werte verkommen. Wir führen die Zugänge vom Depot zum neuen Möglichkeitsraum.
Nun befaßt sich das Kuratorium für triviale Mythen mit Fragen nach Schnittpunkten, nach Überlappungen, wo sich Werkstatt und Atelier berühren. Der Kulturpakt Gleisdorf schafft eine regionale Plattform für die Bearbeitung solcher Fragen. Wir verzweigen die Arbeit daran auch in andere Regionen.
Teil dieses Vorhabens ist die kulturelle Revision der „Griechischen Anmaßung“, da die wenigen „Freien Männer“ in einer Sklavengesellschaft definiert haben, was Kunst und was „bloß“ Handwerk sei. Sie schufen eine Hierarchie, die in unserer Kultur bis heute Wirkung zeigt.
Die „geistige Arbeit“ der sozial bevorzugten Leute, also der „gebildeten und freien Männer“, wurde als die höherrangige eingestuft gegenüber jener körperlich betonten Arbeit der Handwerker (Sklaven). Dabei unterschlugen die alten Eliten, daß es ohne hoch entwickelte Problemlösungskompetenzen, Kreativität und ein angemessenes Reflexionsvermögen keinen guten Handwerker geben kann.
Indem wir uns diesen kulturgeschichtlichen Zusammenhängen stellen, gehen wir auch auf ein gegenwärtiges Phänomen unseres Lebensraumes ein. Gerade die Zonen, wie sie Almenland und Energieregion in ihrer jüngsten Fusion markieren, sind davon geprägt, daß sie heute ein Ergebnis intensiver Wechselwirkungen zwischen agrarischer Welt, industrieller Entwicklungen und urbanen Lebens sind.
Polemisch verkürzt: Die einfallsreichen und an vielen Problemen geschulten, handwerklich versierten Leute aus der ärmlichen Welt einer klein strukturierten oststeirischen Landwirtschaft sind ein Schlüssel zu Gegenwart.
Diese agrarische Welt kannte hauptsächlich Selbstversorger und produzierte mehrheitlich nicht für den Markt. Menschen aus solchen Verhältnissen reüssierten später in jenen industriell orientierten Betrieben der Region, die einem unternehmungslustigen Milieu an Kaufleuten Anlaß und Gelegenheiten boten, ihre Geschäftstüchtigkeit zu entfalten.
So kam es stellenweise zur Urbanisierung, die nach wie vor mit der agrarischen Welt und mit dem handwerklich-industriell geprägten Milieu hoch qualifizierter Facharbeiterinnen und Facharbeiter korrespondiert. Dieser zeit- und sozialgeschichtliche Prozeß mündet unter anderem in den Umstand, daß hier derzeit noch Vollbeschäftigung herrscht, was weder in der Steiermark noch in Österreich die Regel ist.
In der ersten Phase von LEADER-Kultur während der Jahre 2009 bis 2013 gelang es, die drei Sektoren Staat (Politik & Verwaltung), Markt (Wirtschaftstreibende) und Zivilgesellschaft (Kunst- und Kulturschaffenden) in einer erste Phase der Kooperation zu bringen, die kulturpolitisches Neuland bedeutet.
Nun sollte uns eine Konsolidierung dieses Arbeitsergebnisses gelingen, um eine solide Ausgangsposition zu schaffen, von der aus wir die vielversprechenden unter den aktuellen Optionen auf eine nächste Ebene bringen.
Das haben wir uns vorgenommen, indem wir Werkstatt, Atelier und Museum auf symbolischer Ebene verknüpfen, sie in realer Kultur- und Wissensarbeit verbinden möchten; im Austausch mit anderen Regionen.
— [Das Jahr 2014] [Generaldokumentation] —